“Es bedarf wieder eines langfristigen Plans – auf allen Ebenen. Es braucht ein Umdenken in den Entscheidungen, es muss wieder das Langfristige im Mittelpunkt stehen. Um wieder Beständigkeit zu erlangen, muss man eben auch alte Zöpfe abschneiden, vielleicht auch einen ganz anderen Weg suchen. Aber dennoch muss dies nach langem Überlegen geschehen und nicht in einer Schnellschussaktion nach der Anderen. Fakt bleibt: Der Jahn stagniert. Und dies müssen die Entscheidungsträger ändern.” Das schrieb ich genau vor einem Jahr an diesem Punkt. Heute ist Tobias Werner aus der Öffentlichkeit verschwunden und Roger Stilz ging wieder in die Schweiz – dafür kam Achim Beierlorzer zurück an die Donau. Ehrlich: Ich war skeptisch. Wir sind abgestiegen, vor allem wegen der sportlichen Leitung, und ihr holt jemand ohne Erfahrung in diesem Bereich? Ernsthaft? Ja, ich habe mich getäuscht. Beierlorzer überzeugte mich schon nach wenigen Wochen, mit seinen Transfers und seiner Kommunikation, am Ende folgte der Aufstieg in die 2. Bundesliga. Aber werfen wir doch nochmal einen genaueren Blick auf diesen Weg. (Foto: Christof Koepsel/Getty Images for DFB; Mitarbeit: Kitte, Florian Zeiller, Flo1889fm)
Der große Transfersommer
Der Transfersommer war ein sehr großer beim SSV Jahn Regensburg, nicht wenige Zweifel bestanden, ob die vielen Abgänge nach dem Abstieg aus der 2.Bundesliga aufgefangen werden können. Deswegen werfen wir einen Blick auf die Abgangsseite und fragen uns, wie haben sich diese Spieler geschlagen, was machen sie heute? Aber wir schauen auch auf den jetzigen Kader, der den Aufstieg schaffte. Kann man mit der individuellen Entwicklung zufrieden sein? Dann, am Ende, geben wir noch eine subjektive (!) Benotung auf die Positionsgruppe, ob die Abgänge aufgefangen werden konnten.
Hierbei darf man aber in der Bewertung wie in der einzelnen Betrachtung: Der SSV Jahn kann nie einen fertigen Kader kaufen, sondern preist gewisse Entwicklungsschritte ein, die kurzfristig in der Saison aber vor allem langfristig im Verein erfolgen sollen. Wenn das gelingt, dann kann man einen Transfer als erfolgreich ansehen. Damit das gelingt, muss aber zum einen der Spieler zum Team passen und das aus fußballerischen Werten, und noch viel schwieriger, in charakterlicher Hinsicht. Man kann nicht einschätzen, wie gut ein Spieler in eine Gruppe passt, aber dennoch muss man diese Mosaiksteinchen zu einem Gesamtkonstrukt zusammenfügen. Wie ist das Beierlorzer gelungen?
Torhüter: Note 2-
Abgänge
Jonas Urbig: Die damalige Leihgabe vom FC Köln kam im Winter zu uns und wurde auch durch Formschwäche von Dejan Stojanovic zum Stammkeeper. Durch damals schon starke Leistungen deutete er sein Potential an und man konnte nur eine Meinung am Ende haben – der wird seinen Weg gehen.
Da bei Köln immer noch kein Platz frei wurde und man ihn wohl irgendwann definitiv als Nummer 1 im Kasten möchte, vielleicht sogar schon in der kommenden Zweitligasaison, wurde er noch mal verliehen. Nach anfänglichen Problemen fing sich Urbig aber schnell und mauserte sich zur Stütze im Team. Der besten Notenschnitt (Kicker) im Team belegt das auch. Eine erfolgreiche Leihe also für das Kölner Talent.
Dejan Stojanovic: Nach einer Rückrunde zum Vergessen bei uns zog es den Österreicher zurück in die Heimat zum SCR Altach. Dort spielte der 30-Jährige eine solide Saison, die mit einen Notenschnitt von 3,04 auch mehr als ordentlich angesehen werden kann.
Thorsten Kirschbaum: Der ehemalige dritte Torhüter beendete mit Ablauf der letzten Saison seine aktive Karriere und kickt nun immer wieder mal beim TSV Obernzenn in der A-Klasse.
Zugänge
Felix Gebhardt: Eine der wichtigsten Säulen für den Aufstieg. Nicht umsonst kassierte der Jahn mit dem Neuzugang aus Halle nur 28 Gegentore in 30 Spielen. Die defensive Stabilität, die die Voraussetzung für den am Ende unfassbar wichtigen Siegeslauf der Hinrunde bildete, geht nicht zuletzt auf seine Kappe. Zahlreiche Glanzparaden sicherten wichtige Punkte und den Aufstieg in der Relegation. Es bleibt zu hoffen, dass der Jahn den U21-Nationalmannschafts-Keeper um jeden Preis halten kann.
Leon Cuk: Bei der eigentlich eingeplanten Nummer 2 wurde man schon nach wenigen Wochen aus internen Kreisen über seine Personalie enttäuscht: Es reicht erstmal nur für die U21 in der Bayernliga Nord. Auch hier war er bei weitem nicht die klare Nummer 1, sondern viel vielmehr im Saisonverlauf hinter Justin Bartl zurück. Da dieser zum neuen Jahr zu den Freunden aus Österreich wechselt, wäre ein Verbleib für seine Entwicklung wünschenswert.
Einordnung
Hier wurde kurzerhand das gesamte Team ausgetauscht. Mit Urbig und Stojanovic gingen zwei Stammspieler, zumindest zeitweise, und mit Kirschbaum ein sehr guter Ersatztorwart. Die Rolle des Stammspielers hat man mit Felix Gebhardt beeindruckend aufgefangen, aber als Ersatz sah man Alex Weidinger vor. Als dieser in die Startelf aufgrund einer Verletzung von Gebhardt rückte, überzeugte er nicht wirklich und patzte dazu. Man muss also zumindest drüber sprechen, ob hier nicht etwas zu risikoreich gespart wurde. Hierbei hätte Cuk eine Rolle spielen können, dieser schwächelte aber selbst bei der U21 und zeigte sich inkonstant, eventuell verlässt er den Jahn aufgrund dieser Probleme auch schon wieder im kommenden Sommer.
Verteidiger: 2
Abgänge
Jan Elvedi: Zwischen Pokalfinale und Abstiegsangst gab es bei den roten Teufeln zumindest eine Konstante und die nannte sich Jan Elvedi. Der schweizer Innenverteidiger absolvierte fast jede Partie und brachte seine Leistung. Manch einer munkelt schon, ob er nicht sogar bald in Liga 1 auftauchen könnte und es so vielleicht ja doch mal zum Bruderduell gegen Nico kommen könnte.
Steve Breitkreuz: Der 32-Jährige entschied sich im letzten Sommer gegen den Jahn und für das Angebot aus der Landeshauptstadt in München. Er schloss sich den Amateuren von Bayern München an. Dort lief er zeitweise auch als Kapitän auf, um dem Team auch mit seiner Erfahrung zu helfen. Dort lief es sportlich aber eher mau, seine Karriere wird er dennoch wohl in München beenden.
Leon Guwara: Der Linksverteidiger schloss sich letzten Sommer der Konkurrenz aus Ingolstadt an und kann nicht wirklich von einer guten Saison sprechen. Ein ständiger Wechsel zwischen Bank und Startelf machte ihn nicht zur erhofften Verstärkung für die Schanzer. Ein Notenschnitt von 3,87 liest sich auch nicht gerade überragend. Sportlich wirkt der Wechsel eher mau, die Entwicklung blieb aus.
Scott Kennedy: Der Kanadier ging letzten Sommer zurück nach Österreich zum Wolfsberger AC und wurde dort sofort Stammkraft. Allerdings setzte den Innenverteidiger dann erneut eine Verletzung für mehrere Monate außer Gefecht, was ihm an einen weiteren Durchbruch hinderte.
Sebastian Nachreiner (Fußballgott): Wastl beendet letzten Sommer seine Karriere und blieb den Jahn dennoch erhalten. Bei der letzten Aufsichtsratswahl stellte sich der in Gottfrieding geborene Nachreiner zur Wahl und schaffte den Schritt in den Aufsichtsrat.
Zugänge
Florian Ballas: Der ehemalige Karlsruher war wohl (abgesehen von den Dauerverletzten) der anfälligste Jahnspieler dieser Spielzeit. Trotz allem sicherte uns der kopfballstarke Innenverteidiger durch seine Tore insgesamt wichtige 4 Punkte und überzeugte zuletzt auch in der Relegation mit einer souveränen Leistung. Dennoch ließ seine Leistung zu Ende der Saison nach, plötzlich stand der Stammspieler nicht mehr im Kader, am Ende kam es aber wie gesagt zum Comeback.
Robin Ziegele: Ein Hut und die Hand unterm Kinn: Das kann nur “Ziege” sein. Stets stritt er sich mit Ballas um den Stammplatz neben Breunig und kam bei 24 Einsätzen auf 1 Tor. Legenden sagen, er rutscht immer noch durch den Strafraum im Erzgebirgstadion.
Alexander Bittroff: Der Dienstälteste im Kader war über die Saison hinweg oft nur die vierte Wahl in der Innenverteidigung. Trotzdem war er stets zur Stelle, wenn er auch mal u.a. gegen Dresden 90 Minuten durchspielte. Im Team bringt er wichtige Erfahrung mit, die auch in der zweiten Liga von Vorteil sein kann. An Karriereende ist bei ihm offenbar noch nicht zu denken.
Bryan Hein: In seiner ersten Profisaison kam der Namensvetter einer Jahnlegende (noch) nicht zum erhofften Durchbruch. Man könnte argumentieren, dass die linke Verteidigerposition vielleicht nicht die optimale Position für den schmächtigen Hamburger ist. Auf dieser Position stand er oftmals sehr hoch und ließ auch hin und wieder seine Dribbel- und 1-gegen-1-Künste aufblitzen.
Louis Breunig: Zum aktuellen Zeitpunkt ist noch nicht klar, ob er durch Ziehen der Kaufoption seines Leihvertrages beim SSV bleibt. Für den Jahn wäre es ein essenzieller Gewinn für die kommende Zweitligasaison, zumal er sich offenbar sehr wohl fühlt. Bis auf 3 Spiele bestritt er alle Spiele über die volle Spielzeit und war ein sicheres Bollwerk der Innenverteidigung. In Erinnerung werden in jedem Fall die überlegten Kopfbälle ins Zentrum und eindrucksvollen Grätschen, speziell beim Spiel in Dresden, bleiben.
Oscar Schönfelder: Ein alter Bekannter, der trotzdem erst einmal ankommen musste. Als Hoffnungsträger für die Abstiegssaison gekommen, erlitt er einen Kreuzbandriss und konnte beim Abstieg nur von der Tribüne zusehen. Er brauchte seine Zeit, sich in den Profifußball zurückzukämpfen. Schließlich zeigte er in der Relegation eine sehr reife Leistung, der hoffentlich noch weitere Spiele im Jahntrikot folgen werden.
Leopold Wurm: Wohl wegen der schon angesprochenen defensiven Stabilität, kam Leopold Wurm (noch) nicht zu seinem Ligadebüt. Erfreulich ist aber, dass das Nachwuchstalent schon zwei Mal für die U18-Nationalmannschaft auflief. Ganz klar: Ein Mann für die Zuzkunft.
Einordnung
In dieser Positionsgruppe musste man nahezu alle Planstellen neu besetzen, nur Bene Saller blieb in der Mannschaft. Mit Ballas, Ziegele sowie Breunig holte man drei Spieler, die das Zeug für die 2. Bundesliga haben und in der 3. Liga allesamt Schlüsselspieler sind, somit war man auf der Innenverteidigerposition sehr gut aufgestellt. Auch weil Alex Bittroff die Formschwächen ausbügelte und da war, als man ihn brauchte. Bei den Linksverteidigern holte man Bryan Hein dazu und auch Oscar Schönfelder sah man schon in Liga 2 dafür vor, jedoch verletzte sich dieser wieder relativ schnell, wodurch Benedikt Saller auf dieser fremden Position spielte. Das tat er sehr gut, aber auch hier muss man sagen, dass dies etwas sehr risikoreich war und es tendenziell als Fehler verzeichnet werden konnte, dass man mit dem verletzungsanfälligen Schönfelder direkt diese wichtige Planstelle ansetzte. Als Rechtsverteidiger blieb Benedikt Saller, dazu zeitweise Konrad Faber und Robin Ziegele, vielleicht hätte hier weniger Flexibilität herrschen müssen, wenn eine solche Ergänzung bei den Linksverteidigern stattgefunden hätte.
Mittelfeld: 1-
Abgänge
Zentrales Mittelfeld
Benedikt Gimber: Der ehemalige Kapitän wurde für seinen Wechsel nach Heidenheim anfangs durchaus belächelt, aber überzeugte, nachdem Frank Schmidt ihn ab Spieltag 10 als Innenverteidiger auflaufen ließ. Danach war er nicht mehr aus der Startelf wegzudenken und brachte seine Leistung. Ebenso erzielte er ein sehr spektakuläres Eigentor, was wahrscheinlich in jedem Rückblick seinen Platz finden wird (und ebenfalls zur Wahl des Kacktors des Monats März gestellt wurde).
Maximilian Thalhammer: Nachdem der 26-Jährige anfangs noch in der Startelf des Aufsteigers aus Osnabrück einen Platz einnahm, verlor er diesen relativ schnell in der Saison und kam danach auch nur noch selten zum Zug. Zum Ende der Rückrunde kam er so gut wie gar nicht mehr zum Einsatz und wurde auch schon offiziell verabschiedet vom Verein.
Blendi Idrizi: Der Kosovarische Nationalspieler ging mit Außenseiterchancen bei Schalke in die Saison und konnte immerhin gerade beim Start in die Rückrunde den Weg in die Startelf finden, wobei er aber selten überzeugen konnte. Sein Abgang aus Schalke steht mittlerweile auch schon fest.
Flügelspieler
Sarpreet Singh: Der Neuseeländer schloss sich nach dem Abstieg der „Kogge“ aus Rostock an. Dabei lief es in der Hinrunde nicht wirklich für den kreativen Flügelspieler, der auch erst ab der Amtsübernahme von Mersad Selimbegovic einen nachhaltigen Weg in den Kader fand. So schaffte er es unter dem ehemaligen Jahntrainer immerhin noch zu ein paar Einwechslungen aber wirklich “klick” machte es für ihn nie in dieser Saison.
Nicklas Shipnoski: Der 26 Jährige startete durchaus vielversprechend für Arminia Bielefeld in die Saison und wurde gleich zu einer Stammkraft. Je länger die Saison ging, desto eher verschwand aber auch Nicklas Shipnoski aus der Startelf. Zum Ende der Saison kam der Flügelspieler nicht mehr über die Reservistenrolle hinaus und scheint wohl auch ein Kandidat für den Abgang im Sommer zu sein.
Joshua Mees: Beim Aufsteiger aus Kiel kam Mees nicht über die Rolle des Rotationsspielers hinaus, bei 13 Spielen kam er nur einmal auf die vollen 90 Minuten und wurde sonst mehr für Kurzeinsätze eingesetzt. Der 28-Jährige wird den Weg mit den Störchen in Liga 1 wahrscheinlich nicht bestreiten, sein auslaufender Vertrag wird nicht verlängert. Er könnte wohl nach Saarbrücken im Sommer gehen.
Minos Gouras: Der Flügelspieler mit griechischen Wurzeln schloss sich nach dem Abstieg dem SV Waldhof Mannheim an und wollte einen Schritt zurück gehen, um wieder richtig Schwung aufzunehmen. Daraus wurde allerdings nie wirklich etwas, einen Einsatz über die kompletten 90 Minuten hatte er nie. Gerade im Endspurt der Saison kam der 25-Jährige nicht mehr über die Rolle des Ersatzspielers hinaus. Auch er verlässt seinen Verein wieder im Sommer.
Aygün Yildirim: Eigentlich könnte man beim teilweise sehr unglücklichen Offensivspieler das selbe schreiben wie bei Nicklas Shipnoski. Beide begannen als Stammkräfte die Saison beim Absteiger aus Bielefeld, aber genauso verlor auch er seinen Platz in der Startelf, je länger die Saison verlief. Der 29-Jährige schaffte es immerhin noch zu mehr Einsätzen als sein Mitspieler. Jedoch scheint laut Gerüchten auch hier ein Abgang im Sommer nicht unwahrscheinlich, da man wohl nicht mehr mit ihm plant.
Charalambos Makridis: Der Trainingsweltmeister mit griechischen Wurzeln machte es Thalhammer nach und schloss sich ebenfalls dem Aufsteiger aus Osnabrück an. Es folgte eine Saison mit stetigen Wechsel zwischen Bank und Startelf, wobei er aber genauso wenig den Abstieg verhindern konnte. Wie wir aus Osnabrück hörten, wird mit dem Griechen weiter in der 3. Liga geplant, aber als Kreativspieler auf der 10.
Lasse Günther: Eine der vielen Leihgaben vom letzten Jahr war Lasse Günther, der hinten links leider nie wirklich an sein Leistungslimit kam. Augsburg verlieh den 21-Jährigen nach Wiesbaden, um dort Spielpraxis zu sammeln, das klappte mal mehr und mal weniger. Ein Thema, das auch bei uns immer wieder aufkam, ist seine Verletzungsanfälligkeit. Immer wieder warf es ihn für 1-2 Spiele raus. In der Relegation kam es zum Wiedersehen mit Günther, wo er, wie wir alle wissen, gegen uns den Kürzeren zog.
Zugänge
Zentrales Mittelfeld
Andi Geipl: Kein anderer Spieler sah diese Saison im deutschen Profifußball so viele gelbe Karten wie unser Kapitän. Als erfahrene Säule war Andi (sofern er nicht gesperrt war) nahezu immer gesetzt und trug mit konstanten Leistungen enorm zum Aufstieg bei.
Niclas Anspach: Nachdem Niclas im Sommer aus Unterhaching kam, wo er mit 9 Toren ein Garant für den Aufstieg der Vorstädter war, wurde er durch eine monatelange Sprunggelenksverletzung ordentlich aus der Bahn geworfen. Jetzt im Sommer hat er hoffentlich wieder Zeit, zu seiner optimalen Form zurückzufinden.
Tobi Eisenhuth: Bei seinem Namen fällt jedem Jahnfan wohl das hoch emotionale Siegtor im Grünwalder Stadion ein. Der ehemalige Cottbuser trat in der Hinserie als Standardspezialist und Joker im Mittelfeld auf und verbrachte die Rückrunde überwiegend auf der Bank. Bei ihm bleibt zu hoffen, dass er sich aktuell nur in einem Leistungsloch befindet, aus dem er sich durch den Aufstieg wieder befreien kann.
Rasim Bulic: Der (nun auch endlich gekrönte) König der Stadt und ehrenamtliche Capo der HJT war eine der Entdeckungen der Saison. Sein körperlicher Einsatz war in der körperbetonten Liga oft ein Schlüssel im Angriffspressing, was meistens über die Achse Bulic-Geipl lief. Rasim übernahm häufig die Laufarbeit, attackierte sehr früh und schreckte selten vor einer Grätsche zurück. Auf dass noch viele Gegenspieler rasimiert werden!
Flügelspieler
Dominik Kother: Wir starten mit dem besten Scorer der Jahnelf: Dafür, dass Dominik Kother in der Hinrunde beeindruckende 8 Tore und 9 Vorlagen beisteuern konnte, fiel seine Ausbeute in der Rückrunde etwas mager aus. Trotz allem avancierte der Rechtsaußen durch 4 Torbeteiligungen zum Matchwinner der Relegation.
Noel Eichinger: Der einzige Spieler, der während der Saison (vorübergehend) wieder die Oberpfalz verließ, war der ehemalige Zwickauer. Wohl begründet durch den hohen Konkurrenzdruck auf der rechten Außenbahn, spielte er in 10 Partien für den Greifswalder FC um den Aufstieg in die 3. Liga mit. Die Leihe war nur bis Saisonende beschränkt, weswegen der 22-Jährige schon wieder zu den Aufstiegsfeierlichkeiten zu sehen war.
Jonas Bauer: Jonas ist wohl derjenige der “jungen Wilden” aus der Jahnschmiede, der am ehesten schon den Anschluss an die Profis gefunden hat. Auch aufgrund der verletzungsbedingten fehlenden Alternativen, kam der 20-jährige schon zu 4 Startelfeinsätzen in der Rückrunde. Man konnte beobachten, dass Jonas definitiv mit dem Tempo in der 3. Liga mithalten kann. Das 1-gegen-1 auf der Außenbahn gehört zu seinen Stärken, an seinem Abschluss darf er in der Sommerpause noch arbeiten.
Max Meyer: Ein Mann für die Zukunft: Ebenso wie Leopold Wurm und ich (Kittenkurmler) macht Max dieses Jahr sein Abitur, was natürlich heißt: Enorm viel Potential ist da. Dass er in den letzten vier Ligapartien und sogar in der Relegation zum Einsatz kam, ist ein Zeichen, dass er in seiner Entwicklung schon sehr weit ist. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.
Agyemang Diawusie: Immer wieder fällt es schwer, all die Fassungslosigkeit in Worte zu fassen. Dass es schlussendlich für ihn mit dem Aufstieg geklappt hat, erfüllt uns alle mit unglaublicher Freude. Noch in der Hinrunde bereicherte Agy das offensive Spiel mit Zweikampfstärke und kreativen Ideen. Umso tiefer war der Einschnitt nach dem Spiel in Dresden: Ein Teil des Kollektives und der Offensive fehlte bis heute. Eine Jahnlegende wird er für immer bleiben, egal wie viele Jahre ins Land gehen werden.
Erik Tallig: Er kam als positionsgetreuer Ersatz für Agy und kam leider zu keinem Einsatz für die Jahnelf. Aufgrund eines erneuten Kreuzbandrisses nach einem halben Jahr Trainingsrückstand musste Erik erneut durch das Reha-Programm. Er wurde bereits verabschiedet und muss woanders wieder Fahrt aufnehmen. Alles Gute!
Einordnung
Auch hier musste man kurzerhand alle Planstellen, bis auf kleine Außnahmen, austauschen. Hierbei spielte Christian Viet eine große Rolle, der in der Saison erst so richtig durchgestartet ist, aber damit rechneten die Verantwortlichen wohl schon früh. Dazu kamen mit Geipl und Bulic zwei Schlüsselspieler, wobei gerade Bulic anfangs in der öffentlichen Wahrnehmung kein solcher war. Dennoch ging dieser Poker auf und Bulic war auch charakterlich ein essenzielles Teilchen im Aufstieg. Anspach und Eisenhuth kamen nicht mehr wie gewünscht zum Zug und blieben Rotationsspieler, hierbei gehört zur Wahrheit aber auch, dass der Rest schlichtweg weder verletzt noch in einer Formkrise war. Nur zeitweise wechselte man auf diesen Positionen, aber die Leistungen der beiden boten keine dauerhaften Einsätze in der Startelf an. Dennoch muss man sagen, dass hier die Mischung wohl perfekt war und zwei großartige Spieler als Rotationsspieler Druck von hinten machten und so für eine Leistungsexplosion der anderen sorgten. Geipl fungierte als Leader, lud das Team nach einem Tag schon zum Essen ein. Er machte genau das, was Beierlorzer sich wohl erhoffte: Führen, leiten und bissige Zweikämpfe führen. Manchmal schmeckt Aufgewärmtes eben doch.
Bei den Flügelspielern hatte man sich mit Kother einen absoluten Schlüsselspieler geholt, er brachte dann auch die Leistung, die er für diese Rolle braucht. Zeitweise in einem Formloch, entschieden seine Leistungen die Relegation mit, genau diese “Gamechanger” braucht ein Aufsteiger. Mit Konni Faber hatte man jemanden als Flügelspieler, den man kannte und auch seine Stärken schätzte. Aufgrund seiner teils eindimensonialen Spielweise gab es Probleme, diese wurden anfangs von Agy aufgefangen.Tallig verletzte sich dann schwer, was für Jonas Bauer und Max Meyer die Chance war, die sie auch nutzen. Meyer überzeugte mit der frechen Spielweise, Bauer schoss dann sogar ein Tor – Auftrag erfüllt.
Stürmer: 3-
Abgänge
Dario Vizinger: Der „Deadline“-Deal des letzten Jahres, der leider auch nie wirklich eine Rolle bei uns spielte, ging letzten Sommer nicht zurück zu seinen Leihverein in Österreich und schloss sich stattdessen Warta Posen im Oberhaus der polnischen Liga an. Dort kam der Kroate immerhin zu 29 Einsätzen, wobei er auch dort nicht nachhaltig in der Startelf landen konnte. Immerhin gelang ihm ein Saisontreffer.
Andreas Albers: Der 34-jährige Stürmer schloss sich dem Spitzenteam FC St. Pauli an, was natürlich den einen oder anderen schon wunderte. Da er wohl als Transfer für die Kaderbreite gedacht und damit wohl auch sehr gut leben konnte, kam er über die Rolle der Jokers nie hinaus und bekam regelmäßig die letzten 10-20 Minuten. Immerhin gelang dem Stürmer noch am letzten Spieltag sein erstes Saisontor, was uns deswegen auch fast Rostock als Relegationsgegner beschert hätte (wenn diese ihr Spiel gewonnen hätten).
Kaan Caliskaner: Eintracht Braunschweig schlug letzten Sommer beim Stürmer zu. So recht warm wurden beide Parteien aber wohl nie miteinander, was auch durch eine Leihe im Winter nach Polen bewiesen wurde. Bei Jagiellonia Bialystok konnte sich der 24 Jährige aber auch nicht wirklich durchsetzen, erzielte aber immerhin 2 Saisontore im polnischen Oberhaus. Eine Rückkehr zu Braunschweig scheint unwahrscheinlich.
Prince Osei Owusu: Der Toptorschütze der letzten Saison ließ lange auf sich warten mit einer Entscheidung für einen neuen Arbeitgeber, überraschte dann aber wohl nicht wenige mit seiner Wahl für Toronto FC in der MLS. Somit teilte der Stürmer sich den Platz immerhin mit gestandenen Stars wie Lorenzo Insigne oder Federico Bernardeschi und konnte mit 6 Treffern in 14 Spielen durchaus eine erfolgreiche Saison für sich verzeichnen.
Joël Zwarts: Last but not least kommen wir natürlich nicht um das Drama herum, was uns Joël Zwarts kurz vor Saisonstart antat. Plötzlich wollte der Stürmer weg und das am besten lieber heute als morgen. Ein Großteil der Jahnfans hätten durchaus Verständnis gehabt, wenn es den Niederländer wieder in die Heimat gezogen hätte – wurde doch oft betont, dass der Spieler durchaus auch von Heimweh geplagt wäre. Am Ende zog es den Stürmer nach Giesing zu den Löwen, dem TSV 1860 München. Zu einen Wiedersehen im Jahnstadion oder in Giesing kam es nie, da die Löwen wohl über eine Transferklausel extra Ablöse hätten berappen müssen. Generell konnte der Stürmer bei den Löwen zwar mit 6 Treffern der treffsicherste Stürmer werden, aber ließ es sich auch dort nicht nehmen, immer wieder durch schwierigen Charakter aufzufallen. So fiel der 25-Jährige auch länger mit einer Verletzung aus, wobei man manchmal rätseln musste, ob der Stürmer überhaupt wieder zurückkommen würde. Ein Abgang scheint auch hier nicht unwahrscheinlich, die Löwen wappnen sich jedenfalls schon mal auch für eine Zukunft ohne Joël Zwarts, wenn man ihre aktuellen Transfers so begutachtet.
Zugänge
Noah Ganaus: Er wurde schon mit Robert Glatzel verglichen… Im Gegensatz zum Hamburger Torjäger spielte Noah Ganaus in seiner ersten (!) Profisaison, trotz aller mehr oder weniger berechtigter Kritik, eine famose Saison. Schon im ersten Pflichtspiel gegen den TSV Unterpleichfeld konnte man anhand seiner 5 Tore beobachten, dass er imstande ist, ein Garant für Tore zu sein. Speziell er könnte, durch sein enormes Entwicklungspotential, ein unfassbar wichtiger Baustein für unsere Offensive in Liga 2 sein.
Elias Huth: Der offensive Joker schlechthin (22 Einwechslungen) war wohl zunächst vor der Saison, nach einer verkorksten Saison in Aue, einer der Überraschungskandidaten im Kader. Am Ende stehen solide 7 Treffer auf seinem Konto. Hoffen wir, dass sich Elias schnell von seiner Sprunggelenksverletzung erholt, um sein Können zum ersten Mal wirklich in der zweiten Liga unter Beweis zu stellen.
Valdrin Mustafa: Der Mann, der Elversberg zum Drittligaaufstieg geschossen hat, wird die Verletzungen kompensieren und die entscheidenden Akzente für eine gute Rückrunde liefern. Dachte man. Leider überzeugten seine Leistungen wohl nicht das Trainerteam, weswegen er in der Rückrunde nur insgesamt 172 Minuten spielen durfte.
Eric Hottmann: Es schien, dass beim Zwarts-Ersatz endlich der Knoten geplatzt war: Gegen den SSV Ulm belohnte sich der robuste Mittelstürmer für seine Jokereinsätze mit dem ersten Saisontor… und erhielt dann die Hiobsbotschaft einer Kreuzbandverletzung. Bis zuletzt konnte Eric kein Pflichtspiel mehr bestreiten. Es bleibt zu hoffen, dass er sich schnell wieder in die Mannschaft zurückkämpfen kann.
Kelvin Onuigwe: Kelvin bekam gleich im zweiten Saisonspiel kurz vor Schluss die Chance, sich zu beweisen. Doch danach reichte es wohl leistungsmäßig nicht mehr für einen Profieinsatz. Da er offenbar zu Agy eine engere Verbindung als manch anderer gehabt hatte, fiel Kelvin in ein Leistungsloch, was nur allzu verständlich ist. Offenbar hat er aber wieder seine Form gefunden: In den letzten 5 Bayernligapartien für die zweite Mannschaft stehen 4 Tore und eine Vorlage zu Buche.
Einordnung
Die Stürmer dürften für Achim Beierlorzer einer der frustrierendsten Positonen gewesen sein. Denn erst gab der Kader aufgrund des gut bezahlten Zwarts ziemlich wenig Spielraum für neue Transfers her, dann wollte dieser plötzlich weg. So musste Beierlorzer in einen eher mau besetzten Kaderteil noch die gewünschte Qualität hineinbringen, was über Eric Hottmann versucht wurde. Dieser war dann nach einer kurzen Eingewöhnung einer der besten “Luftspieler” der Liga, konnte die vielen langen Bälle verteilen, aber verletzte sich schwer. So fehlte die Alternative zu den Schlüsselspielern Huth und Ganaus, die zwar überzeugten, aber auch ihre “downs” hatten. Onuigwe und Graf brachten keine Leistungen, die dauerhafte Einsätze rechtfertigten, weswegen man Mustafa holte. Diesen Transfer habe ich verstanden, denn sein Passspiel ist überragend, dazu sucht er sehr schnell und zielstrebig den Abschluss, aber er zeigte wohl im Training nicht die erforderlichen Leistungen und so konnte er die Lücke auch nicht füllen. Am Ende schob auch hier Jonas Bauer durch seine Flexibilität etwas hinein, aber Ganaus sowie Huth konnten zum Ende der Saison ihre Formkurven wieder erhöhen.
Gesamtfazit: 1-
Thema Kadergröße
Michael Reschke war in seinen Zeiten bei Bayer Leverkusen und dem FC Bayern als Tüftler und Kaderplaner bekannt, der sich viele Gedanken über die optimale Kadergröße machte. Im 11Freunde-Interview sprach er 2014 über seine Kaderphilosophie und erklärte, dass „20 oder 21 Spieler des Kaders in der Regel über 95 Prozent der Nettospielzeit einer Saison“ absolvieren. Die Kadergröße solle laut dem Experten nie mehr als 25 Spieler umfassen. Laut Transfermarkt.de hatte der SSV Jahn 28 Spieler im Kader, hierbei kann man in Schlüsselspieler, Rotationsspieler und Blickfeldspieler einteilen. Unter den Schlüsselspielern kann man 12 Spieler einteilen, denn sie haben fast keine oder nur sehr wenig Spielzeit verpasst, darauf folgen 8 Rotationsspieler. Hier muss man Agy Diawusie (RIP!), Eric Hottmann (verletzt), Eichinger (verliehen) streichen, somit bleiben 5. Der Rest ist im Blickfeld, die bekamen eben nur sehr wenig Spielzeit.
Mit Valdi Mustafa holte man einen Spieler, der wohl Rotationsspieler werden sollte und so die Abgänge von Hottmann und Eichinger kompensieren sollte, dies gelang ihm nicht. Da er wohl aus unbekannten Gründen nicht an das Leistungsniveau herankam, mussten Ganaus und Huth lange trotz Formkrise auflaufen. Auf anderen Stellen wie der Innenverteidigung konnten jene Formkrisen durch das Hineinrücken von anderen Spielern ausgebessert werden, aber im Sturm nicht, wodurch sich ein gewisses Offensivproblem verschärfte. Am Ende wurde es durch einen Jonas Bauer ausgenutzt, aber ein Graf sowie ein Onuigwe konnten dies nicht. Aber genau hier müssen wir hin: In die Spitze des Kaders investieren UND in die Jugendabteilung, eben nicht die Kaderplätze im Rotationsbereich durch externe Transfers blocken für die Jungs aus der Jahnschmiede, sondern ihnen Raum geben. Dass dies ein schwieriges Unterfangen ist und es wird Zeit sowie Geduld benötigt, das zeigte sich heuer. Ich denke, dass wir dafür einfach noch nicht so weit sind, aber darauf hinarbeiten sollten. Am Ende muss man aber dennoch kritisch sagen: Es wurde verpasst, dass man zwei Ausfälle sportlich durchaus wichtiger Spieler kompensiert. Gerade mit weiteren Verletzungen und Sperren wurde es doch sehr eng, das hätte vielleicht in anderen Saisons nicht so reibungslos funktioniert.
Die Realität in der 2. Bundesliga wird sein, dass die Spieler aus dem Nachwuchsleistungszentrum nicht mehr so einfach bzw. noch schwerer den Sprung zu den Profis schaffen, das muss man sich bewusst werden. Blickt man in Studien, dann weiß man, dass je länger junge Spieler im eigenen NLZ bleiben, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch bis oben in die Profi-Mannschaft durchgehen. Dahingehend wird es gerade durch die Mehreinnahmen in der Liga wichtig, dass man weiter Strukturen legt, piorisiert und weiter auch sich zuerst fragt: Haben wir hier nicht jemanden, der diese Rolle ausfüllt? Diese Themen darf man nicht einfach beiseite legen, nur weil wieder eine Mission Klassenerhalt ansteht, daran wird man Beierlorzer auch messen müssen.
Dass aber ein zu großer Kader auch nichts ist, erklärte mal Jürgen Klopp: „Die Zeit ist nicht reif für einen 30-Mann-Kader mit der komplett erforderlichen Qualität. Ein solcher Kader muss moderiert werden. Den Jungs sagen, ihr spielt mittwochs, die anderen samstags, das funktioniert ja so nicht. Den noch holen und den noch holen? Freunde, wir sind jeden Tag zusammen. Wenn jemand gar keine Chance hat, zu spielen, dann wird er nicht besser dadurch. Er verliert an Qualität. Die Qualität, die er dann nur noch hätte, die brauchen wir nicht mehr. Das heißt, wir müssen mit einer gewissen Anzahl Spieler an der Kante arbeiten und auf Verletzungen vorbereitet sein.“ Man darf also nicht vergessen, dass bei einem so großen Kader immer mindestens die Hälfte unzufrieden ist, der Trainer muss ständig Personalentscheidungen erklären und verteidigen.
Thema Kaderplätze
Die Mannschaft muss ausgewogen sein; eine Mischung aus erfahrenen, stabilen Fußballern und jungen, talentierten Spielern, dazwischen Leute “im besten Alter”, die aber auch noch einen Sprung machen können. Auch müssen die Spieler jenseits des Kaderplatzes 20 keine gestandenen Profis sein. Hungrige Perspektivspieler, oft aus der eigenen Jugend, tun es auch und sind dazu günstiger. Dazu sind diese jungen Spieler weniger zufrieden und schaffen dennoch Konkurrenz. Der Trainer sollte die Mentalität eines Spielers genau kennen, bevor er ihn unter Vertrag nimmt. Das erste Kriterium sollte die Disziplin sein, deren Fehlen sich auf den Rest der Mannschaft auswirken würde. Zweitens sollte er ein Teamplayer sein. Drittens sollte er in die Vereinsphilosophie passen. Und diese Punkte sind Achim Beierlorzer in der vorausgehenden Saison sehr gut gelungen, nicht umsonst ist die Mannschaft eine einzige Freundesgruppe, die sich auch mit dem Power-Fußball identifiziert.
Thema Flexibilität
Ein weiterer Punkt ist die Flexibilität: Man braucht zwar im Kernkader immer einen Stamm an Spielern, die die Positionen decken, aber gerade im aktuellen Kadern gibt es mehrere Spieler, die fünf oder sechs unterschiedliche Positionen problemlos besetzen können. Es schaut ganz so aus, als hätte man danach gesucht und auch auf den einzelnen Positionen verschiedene Spielertypen gesucht. Das hat den Vorteil, dass man weniger ausrechenbar wird und flexibel ist, aber man kann sich auch sehr schwer tun, wieder eine gemeinsame Basis zu finden. Ich denke, man konnte beide Seiten in dieser Saison sehen, aber dass Bene Saller kurzzeitig als Linksverteidiger dauerhaft auflief, gab mir schon etwas Bauchschmerzen.
Aus all diesen Punkten ergibt sich die Note 1-. Gerade mit dem Gedanken an die vielen Abgänge und dem Punkt, wo wir heute stehen, muss die 1 vorne stehen. Das – steht dort, da wir über Strecken dennoch leichte Problemfelder aufweisten, was aufgrund der Umstände und der vielen Transfers aber auch völlig normal ist.
Thema Strategie
Ja, es ist hier schon immer ein Thema. Wo sind die Vertragsverlängerungen, wo sind die Transfererlöse? Für mich hat der SSV Jahn die Strategie, dass wir Spieler zwar früh verpflichten, aber zu einem Zeitpunkt, wo sie bereits ihre Leistungen zeigten und der Marktwert vorhanden ist. Demnach geht man teils das Risiko ein, die aufstrebenden Spieler mit einem gewissen Wert zu verpflichten, obwohl ihre Qualitäten noch nicht vollständig evaluiert werden konnten – das kann schiefgehen und teuer werden, wie am Beispiel Joel Zwarts, Aygün Yilidirim oder Nicklas Shipnoski. Allesamt zeigten bereits ihre Leistung, hatten einen Marktwert, aber hatten auch noch Potenzial.
Für mich steht außer Frage, dass man zukünftig Spieler noch deutlich früher verpflichten muss, sie vielleicht erst im NLZ wachsen lassen, und so über dem steigenden Marktwert auch zu Erlösen kommt, dazu ist dieses Risiko weitaus geringer. Durch diese frühe Anbindung und einer langen Vertragsdauer ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass Transfererlöse im Laufe dieser Jahre abfallen. Natürlich zahlt der SSV Jahn mittlerweile ähnliche Gehälter wie die Konkurrenz und hat finanziell aufgeholt, aber die Zielmärkte werden durch die Digitalisierung der Transfermärkte wesentlich kleiner. Mit der Plattform Wyscout habe ich Video- und Datenzugriff auf der gesamten Erde, früher gab es Orte auf der Fußballwelt, wo sonst niemand war und man einen gewissen Wettbewerbsvorteil hatte. Nun sind die Argumente, mit denen der Jahn Leute holt, oft die gleichen: das Umfeld, der Kaulbachweg und die Perspektive. Die Tatsache, dass so viele junge Talente nach Regensburg kommen, beruht darauf, dass sie sich hier entwickeln können, Fehler machen dürfen, eine Vaterfigur als Trainer haben und gemeinsam an den Schwächen gearbeitet wird – nicht umsonst haben oft Spieler kurz danach den größten Vertrag ihrer Karriere unterzeichnet. Die ökonomischen Rahmenbedingungen haben sich aber die letzten Jahre geändert, die Konkurrenz gerade in Märkten wie der Regionalliga wurde größer, deswegen muss man sich überlegen, wie man sich in dieser neuen Umgebung mit jenen Stärken platziert.
Manche sagen, eine Mannschaft zusammenzuhalten ist eine größere Aufgabe, wie eine neue zusammenzustellen. In diesem Sinne wird es spannend zu beobachten sein, wie sich die Strategie durch den Aufstieg verändern wird oder muss.
Veränderungen im Funktionsteam: 2+
Neben den Entscheidungen am Transfermarkt, traf Achim Beierlorzer natürlich auch einige Entscheidungen was Mitarbeiter angeht. So wurden Philipp Paintner (Co-Trainer Athletik und Reha), Andreas Patz (Co-Trainer), Philipp Tschauner (Torwarttrainer) und zur Winterpause Christoph Relzer (Co-Trainer Athletik). Diese Ergänzung mit Relzer begründete Beierlorzer so: “Wir wollen uns im Bereich der Athletik noch breiter und besser aufstellen und freuen uns deshalb sehr, dass wir mit Christoph Rezler einen fachlich kompetenten und erfahrenen Athletiktrainer für diese Aufgabe gewinnen konnten.” Diese Aussagen lässen darauf hinführen, dass man mit Paintner im Bereich der Ahtletik eher unzufrieden war und so jemanden holte, von dem auch Joe die Qualität aus Zwickauer Zeiten kennt.
Mit Patz wurde jemand dazu geholt, der langfristig wieder den Weg als Cheftrainer gehen wird. Hier überzeugt er und eigentlich jeder im Umfeld ist vom Co-Trainer begeistert. Dazu absolvierte er in der Rückrunde parallel seine Pro Lizenz. Dazu gab es einige kritische Stimmen, aber die Präsenzphase ist nur eine von jeweils 3 Tage und das Pensum an Lehreinheiten an die Trainerjobs ausgerichtet, somit ist es für ihn eine weitere Hürde, sollte ihn aber nicht maßgeblich in seiner Tätigkeit hier beschränkt haben. Dazu würde er mit der Absolvierung dieser Lizenz auch die notwendige Qualifikation als Cheftrainer besitzen und sowas im eigenen Verein zu haben ist nie schlecht. Tschauner überzeugte ebenfalls, denn sein “niemand steht still”-Torwarttraining sorgt für hohe Aktivität bei den Torhütern und eine hohe Spielpraxis, dazu setzt er gerne auf junge Spieler, was mit der Idenität des Jahn in Torwartfragen übereinstimmt.
Beierlorzers Kommunikation: 2-
Seit Achim Beierlorzer vor etwas mehr als einem Jahr als neuer Sportchef des Jahn vorgestellt wurde, musste er sich fast genauso oft wie Joe Enochs zu sportlichen Situation äußern. Das kann er als eloquenter, durchaus smarter ehemaliger Lehrer. Und so war er gefragter Gesprächspartner der örtlichen Medien, zuletzt schon wieder just zwei Tage nach dem Aufstieg in der MZ zur Kaderplanung der kommenden Saison.
Nachdem Beierlorzer am 1. Juli 2023 seinen Job offiziell angetreten hatte, verfolgte er zunächst das Credo der „Tiefstapelei“, wenn man so will. Saisonziele wurden kaum klar formuliert, das Team sollte sich erst finden. „Bis zum Ende in Schlagdistanz bleiben“ war so eine Beierlorzer-Vokabel, die vieles offen ließ. Absolut verständlich angesichts des Mega-Umbruchs im Sommer. Als es dann immer besser lief, konnte man weiter tiefstapeln und von Spiel zu Spiel schauen.
Zum ersten Mal auf die Probe gestellt wurde diese Routine durch den Tod Agys. Auch hier war Beierlorzer das Sprachrohr, das sich vors Team stellte und die Pflicht erfüllte, Gedanken zur Trauer zu formulieren. Zum zweiten Mal auf die Probe gestellt wurde die Kommunikation in der Rückrunden-Krise. Beierlorzer wählte hier erneut den Weg des Vor-das-Team-Stellens. Angesichts der unerwartet starken Hinrunde sah er das Team weiter im Soll und kritisierte vor dem vermeintlichen Pflichtsieg gegen Lübeck offen die entstandene Erwartungshaltung im Fanlager. Eine riskante Strategie – die nicht aufging. Der Jahn verlor mit einer schwachen Leistung beim Tabellenvorletzten und scheiterte wie des Öfteren im Frühjahr am Druck, gewinnen zu müssen. Doch wie auch immer man diese Phase bewerten mag, das Ende zählt. Der Sieg in der Relegation lässt die Querelen unter der Saison beinahe vergessen. Was auch immer in den vergangenen zwei Wochen das Team dem Fokus zurückgebracht hat – es war das Entscheidende.