Wir geben nicht auf und dieses Jahr steigen wir wieder auf!

Um 22:25 Uhr pfiff Martin Petersen das Relegation-Rückspiel ab und damit war offiziell: Der Jahn gewinnt nach 7 sieglosen Spielen und kehrt damit, nach einem Jahr Abstinenz, wieder in die 2. Bundesliga zurück – unser Nachbericht. (Foto: Köglmeier)
Die nüchterne Analyse

Im Vergleich zum 2:2-Hinspiel traten die Regensburger mit unveränderter Startaufstellung an, der SV Wehen hingegen rotierte dreimal und brachte Lee, Günther und Mockenhaupt neu in die Startelf.
Wie bereits im Hinspiel kam der SSV Jahn gut ins Spiel und agierte mindestens auf Augenhöhe mit den Hausherren, wenngleich die ganz großen Torchancen vorerst noch fehlten. Den ersten nennenswerten Abschluss hatte Dominik Kother, sein Abschluss ging aber knapp am Tor vorbei (15. Minute). Auch die Gäste wurden fünf Minuten später beim Regensburger Schlussmann Felix Gebhardt vorstellig, aber auch Prtajins Abschluss fand noch nicht den Weg auf das Gehäuse des Jahn (20. Minute). In der Folge erarbeitete sich Wehen ein leichtes optisches Übergewicht (67% Ballbesitz), konnte dieses aber nicht in nennenswerte Gelegenheiten ummünzen. So schien das Spiel mit 0:0 in die Pause zu gehen, als der Jahn einen letzten Angriff startete: Konrad Faber spielte den Ex-Regensburger Lasse Günther aus, die Flanke fand Dominik Kother und der „Underdog“ ging quasi mit dem Pausenpfiff in Führung.
Die zweite Halbzeit begann mit einem Aufreger: Schönfelder ging im eigenen Strafraum recht ungestüm zu Sache, Schiedsrichter Petersen ließ die Partie aber weiterlaufen und die Regensburger schalteten schnell um: Eine abgefälschte Flanke von Kother gelangte zu Faber, der den Ball per Direktabnahme zwischen den Beinen von Torwart Stritzel im Tor unterbrachte (47. Minute). Die Hausherren zeigten sich davon aber zunächst unbeeindruckt, Gebhardt parierte gegen Fechners Abschluss aber glänzend (50. Minute). Wehen war nun spielbestimmend, kam aber nur zu Halbchancen – bis zur 81. Minute: Eine Flanke von Catic fand Prtajin, der den Ball unhaltbar für Gebhardt ins lange Eck köpfte. Den Wiesbadenern war der Glaube indessen deutlich anzumerken: In der 85. Minute fälschte Ziegele einen Abschluss des umtriebigen Prtajin mit der Hand ab, die Pfeife des Schiedsrichters blieb aber erneut stumm und auch aus Köln kamen keine Einwände. Auf der anderen Seite hatte der Jahn in Person von Jonas Bauer die Chance auf die Entscheidung, das Regensburger Eigengewächs verzog aber knapp. Nur drei Minuten später waren dann die Regensburger im Glück: Nach einem Abpraller von Gebardt hätten Vukotic oder Heußer die Kugel nur noch einschieben müssen, behinderten sich aber gegenseitig und setzten damit jeglichen Wiesbadener Hoffnungen ein Ende. Zwei Minuten später pfiff Petersen ab, der Jahn steigt auf, Wiesbaden muss den Gang in die 3. Liga antreten.

Der Faktor Schiedsrichter

Bei aller Euphorie muss man in diesem Spiel auch über den Schiedsrichter sprechen: Während Petersen in der ersten Halbzeit ein guter und sicherer Leiter der Begegnung war, entglitt ihm die Partie in der 2. Hälfte zunehmend. Schönfelders Aktion (47. Minute) nicht mit einem Elfmeter zu ahnden, ist isoliert betrachtet vertretbar, dass aus dem Konter dann aber unmittelbar das 2:0 fällt, ist sehr unglücklich für den Spielverlauf, da es sich um eine Aktion im absoluten Grenzbereich handelte. Nur wenige Minuten später pfiff Petersen zudem einen leichten Schubser im Regensburger Strafraum ab und nahm Wehen somit eine sehr gute Chance auf den Ausgleich. Dieser Pfiff ist zwar nachvollziehbar und richtig gewesen, zudem gilt im Schiedsrichterwesen immer, dass Offensivzweikampf etwas anderes als Defensivzweikampf ist, sprich eine Aktion, die ein klares Offensivfoul darstellt, muss „andersrum“ noch lange kein Elfmeter sein.

Dennoch handelte es sich sowohl bei Schönfelders Schubsen, als auch beim Wiesbadener Offensivfoul um Stoßvergehen, die in beiden Fällen zum Nachteil der Hausherren bewertet wurden. Auch hier gilt: Isoliert lässt sich das so vertreten, in Kombination wirkt es einfach unglücklich. Selbige Beschreibung trifft auch auf die 85. Minute zu: Ziegeles Abwehr mit der Hand liegt erneut im Graubereich. Es ist kein Handspielvergehen, das Petersen zwangsläufig ahnden muss, sehr wohl aber ahnden kann. Hier hätte man ihn vermutlich an den Bildschirm schicken sollen. Fünf Minuten vor Ende der regulären Spielzeit steht in einer solchen Situation einfach zu viel auf dem Spiel, als dass man auf diese zusätzlichen Perspektiven hätte verzichten können.


Insgesamt kann man also sagen, dass keine Situation eine klare Fehlentscheidung darstellt, allerdings wäre es wohl aus spieltaktischer Sicht clever gewesen, eine Entscheidung für Wehen zu treffen. So stehen am Ende nun 2-3 sehr heikle Szenen, die man 50/50 hätte entscheiden können und die alle zugunsten einer Mannschaft getroffen wurden.

Der „nicht ganz so nüchterne Blick“

Aller Diskussionen zum Trotz, am Ende steht eine Sache fest: WIR STEIGEN AUF! Was für eine Saison das war… Ein Umbruch, der in dieser Art und Weise sehr selten ist, eine Hinrunde, die besser war, als sich jeder hätte erträumen können und ein Rückrunde, die schlechter war, als man nach den ersten 19 Spielen hätte befürchten können. Was haben wir in den letzten Spielen gelitten, dabei zugesehen, wie uns der direkte Aufstieg langsam aber sicher aus den Händen glitt, wie fassungslos waren wir nach Spielen, an die wir uns alle erinnern können, aber nicht erinnern wollen. Und am Ende des Tages? Ist das alles egal! Diese Mannschaft verdient größten Respekt, sich nach 6 sieglosen Spielen mit teils unterirdischen Auftritten so zurückzukämpfen, den Glauben zu behalten und zwei gute Spiele in der Relegation abzuliefern. Das ist der Jahn: Wir geben nicht auf, egal was passiert – Schalke, Hamburg, Köln, Berlin – wir kommen!

Echte Werte, Stolz und Tradition

Es war ein Tag, wie gemacht, um Geschichte zu schreiben. Schon nachmittags trafen sich sämtliche Gruppen in Weiß und dürften gespürt haben, dass heute etwas in der Luft liegt. Und damit meine ich nicht nur das Magnesium, sondern es lag der Jahnsinn in der Luft. Was war das für eine Saison? Niemand wusste, wie wir diesen Vorsprung verspielen konnten. Aber das gestern war so geil, dass ich noch gar nicht kapiert habe, was hier überhaupt passiert ist. Superlative ohne Ende. Es sind einfach diese Momente, wo der Ball das Netz berührt, wo der Block explodiert, für die lebe ich diesen Sport. Das am Dienstag war eine einzige Liebeserklärung an diesen Verein und den Fußball.

Wir waren zuvor abgestiegen, der Verein in einer Zerreißprobe, und die ersten Wochen der Saison liefen auch nicht so, wie wir es uns wünschten, dann dieser Lauf, diese Enttäuschung und nun das – der Abpfiff wirkt wie eine einzige Erlösung, nicht nur ich stand den Tränen nahe. Als wir dann Agy gedachten, war es endgültig mit dem tapfer sein vorbei, Emotionen muss man manchmal auch freien Lauf lassen. Die meisterlichen Momente lagen in dieser Saison für mich woanders. Neben dem Platz. Diese Mannschaft hat einen Freund verloren. Wie wir als Jahnfamilie damit umgegangen sind, auch der Familie Halt gewährten, das verdient Anerkennung und Respekt, dies ist auch deutlich wichtiger als dieser Sieg. Aber dieser Aufstieg ist auch der von Agy, wir alle sind weiterhin sehr traurig und hätten diesen, deinen, Erfolg hier unten viel lieber mit dir gefeiert, aber wie es Konni schon sagte, du bist da oben bestimmt sehr stolz auf deine Mannschaft. Du hast uns daran erinnert, warum wir unseren Verein lieben – es geht hier um mehr als Fußball, Erfolg oder Tore. Nummer 24 für immer.

Wieder einmal gelingt der Aufstieg und wieder einmal in einer hochdramatischen Art und Weise über die Relegation. Erst das Wunder von Karlsruhe, Olli Hein per Fernschuss, dann Laurito mit dem Kopf, scheiße, war das damals als kleines Kind schon geil, oder in München, Marc Lais und Kolja Pusch, ihr Legenden! Es sorgt für eine irre Emotionsexplosion in deinen Adern, wenn in einem solchen Spiel, oder auch nur im richtigen Moment der Ball im Netz zappelt und eine ganze Tribüne explodiert. Plötzlich bist du ganz woanders, in der rot-weißen Fußballwelt, wo alles außer dem Verein egal ist. Wer das nicht erlebt hat, ich schwöre, ihr habt nie gelebt. Du willst dieses Gefühl immer wieder, reist deinem Verein hinterher, machst auch schlechte Zeiten mit, aber diese Momente treiben dich jahrelang an.

Ich brauche nicht die große Fußballkunst, ich möchte euch nur kämpfen sehen. Das war gerade in der Rückrunde oft ein Thema, aber ihr habt euch da herausgekämpft und das gebührt maximalen Respekt, man hätte leichter auf andere zeigen können, aber ihr habt euch an der eigenen Nase gepackt. Dann wurde es die Relegation, ärgerlich, aber am Ende egal – Aufstieg ist Aufstieg. Einen großen Teil trugen dazu die Fans bei, mit offenem Mund und großen Augen schaute ich mich um – in Wiesbaden und im Jahnstadion, scheiße, hat das gescheppert! Es war wohl einer der besten Leistungen, die wir je im Block abgeliefert haben, danke an jeden Einzelnen, auch auf den Sitzplätzen.

Bis die Mannschaft zu uns stürmte. Das Leuchten vor den Augen und in den Augen. Eine absolute Gänsehautatmosphäre. Endlich wieder Liga 2, endlich diese schwierige Zeit abschließen. Ich wünsche mir, dass wir unsere Geschichte nun weiterschreiben, mit dieser Euphorie in den bevorstehenden Abnutzungskampf gehen. Lasst uns nach Berlin, Gelsenkirchen und Köln reisen und Fußballdeutschland zeigen, dass David den Goliath schlägt, das liegt schließlich im Erbgut dieser Stadt.

Ich hoffe, diese Gänsehaut hält noch lange an. Danke an alle, die auch mir Auswärtsfahrten und einfach diese Saison ermöglichten, lasst euch hiermit ein virtuelles Bussi geben.

Und nicht vergessen: Wir geben nicht auf, komme, was wolle.

Max

(Foto: Köglmeier)