In eigener Sache: Statement zum Teilen von Transfergerüchten

Auch wir machen Fehler: Wir teilten wir ein Gerücht, was uns tatsächlich mehrmals zugetragen wurde. Nämlich, dass Konni Faber zum KSC wechselt. Nun wurde uns erklärt, das sei alles falsch. Wir ziehen hiermit einen Schlussstrich. (Foto: Kögelmeier)

Sie gehören zum Sport wie die 11 Spieler und der Ball: die Transfergerüchte. Der Jahn blieb dadurch lange verschont, was prinzipiell ganz gut ist, auch uns erreichten dennoch immer wieder Gerüchte, die wir teilen hätten sollen, nun traten wir ins Fettnäpfchen. Unter dem Deckmantel des journalistischen Auftrags machten wir einen Fehler, der uns deutlich machte, welche Verantwortung wir auch gegenüber dem Verein und den Spielern haben. Wir wollen das dreckige Geschäft der Gerüchte vorsichtiger handhaben – unsere Beweggründe und ein wenig Meinung.

Wir wollen anders sein

Als wir hier angefangen haben, wollten wir uns von den herkömmlichen Medien abtrennen, eben anders sein, den Jahnsinn mit Journalismus vereinen. Das zeichnet sich durch Taktikanalysen bis zur Darstellung des gegnerischen Vereines ab, dazu präsentieren wir euch immer wieder die Menschen hinter dem Sport und dem Jahn in Interviews. Dabei entwickelten sich Ideale und Prinzipien: Objektiv, kostenlos und nahbar. Weil genau das fehlt uns in diesem Sportjournalismus von heute, wie sollen sich junge Menschen über ihren Sport informieren, wenn sie zuerst eine Bezahlschranke vorfinden? Wie sollen Emotionen entfachen, wenn die Akteure so fern wirken? Wir sollten und wollen nicht an diesem Gerüchtewahnsinn teilnehmen. Es kann sein, dass Boulevardblätter auch mal ein gut recherchiertes Gerücht verbreiten, aber in 9 von 10 Fällen ist es pures Rätselraten – das ist nicht unser Anspruch, lieber wollen wir eine tiefgründige Analyse veröffentlichen, sobald es offiziell ist oder eben weiterhin ausdrücklich auf den Schwebezustand des Transfers verweisen.

Diese Werte sind der Ursprung des Blogs und wir richten uns eigentlich fast ausschließlich danach. Nun fängt die Widersprüchlichkeit unseres Handelns ja schon mal damit an, dass wir zwar uns ein Anders-sein zuschreiben, aber dennoch in Konkurrenz zu anderen Medien stehen – diese Gratwanderung ist nicht immer einfach. Wollen wir ein Gerücht veröffentlichen, vielleicht versehen mit Warnungen, was Vorsicht angeht, oder dann doch anderen die Bühne überlassen? Diese Fragen sind nicht immer einfach zu beantworten, weswegen wir für uns entschieden haben, dass wir noch mehr Vorsicht walten lassen müssen. Die Kraft, immer alles korrekt einzuordnen, können wir nicht aufwenden, aber keine korrekte Einordnung würde gegen unsere Werte verstoßen – dahingehend gilt es einen Mittelweg zu finden.

Der Blick auf den “Transferjournalismus”

Wir machen das zum Spaß – wir sind finanziell nicht darauf angewiesen, schalten keine Werbung, deswegen sind Aufrufe zwar was Schönes, aber sind nicht unsere Existenzgrundlage. Für viele Medien ist eine nicht mal zehn Minuten andauernde Recherche zu lang, denn dann könnte die Konkurrenz vielleicht ein paar Tausend mehr Klicks einfahren – das tut weh. Aber genau dieses Denken ist Gift für den Journalismus – hier werden ungeschrieben Regeln für das eigene Ansehen über den Haufen geworfen.

Transfer-Guru Florian Plettenberg sagt zwar: „In Deutschland prüfen wir jede News, ehe wir sie herausgeben, doppelt und dreifach“, gleichzeitig lobt er sich in seinen Shows aber lautstark selbst, wenn sie ein Gerücht als Erstes teilten. Mit diesen Akten der Selbstdarstellung spielen Berater, Vereine und selbst Spieler, denn ein Tweet kann dich bekannt in der gesamten Fußballwelt machen, einen Verein ins Schwitzen bringen oder die letzten paar tausend Euro bei der Vertragsverhandlung herausholen.

Plettenberg erzählt immer wieder, wie er in Badehose, im Urlaub oder auf Ski den ach so großen Transfer bekannt geben durfte, wie er keine Freizeit mehr hat, wie er den ganzen Tag am Handy ist – bei aller Liebe, das wollen wir nie sein. Wir verachten das Geschäft, wir lieben das Spiel. Wenn ich sehe, dass an Spieltagen nur über Transfers gesprochen wird und die 90 Minuten beinahe nur ein Nebeneffekt sind, dann frage ich mich schon, was hier der Sport und was der Nebenschauplatz ist. In der mit Ausrufezeichen aufgeblähten Boulevardwelt ist der Transfermarkt seit einigen Jahren fast verankert und genau aus diesem Grund werden wir daran nicht mehr Teil haben – wir verachten Boulevardblätter.

Der Effekt solch wilder wiederkehrenden Spekulationen und das Teilen führt schlichtweg dazu, dass die Lage um Medien und den Sport noch brisanter wird und die Vorkehrungen gegen kritische Berichterstattung erweitert werden – aus Angst, dass der nächste Transfer oder die nächste Entlassung geleakt wird. Längst sind Medien nicht nur ein Spielball der eigenen Machtgeilheit, sondern auch von internen Machtkämpfen.

Der Mensch muss im Vordergrund stehen

Der Transfermarkt ist und bleibt moderner Menschenhandel, als Tummelplatz windiger Spielerberater, die eher Staubsauger-Vertreter gleichkommen, verbunden mit einem narzisstischen Weltbild. Es zählt nur meine Meldung, es zählen nicht die Beweggründe des Spielers – auch wir mussten einsehen, dass wir zu sehr auf die Meldung von Faber konzentrierten. Transferjournalismus ist ein Phänomen der Ich-Gesellschaft, kein Spieler kann sich mehr freizügig bewegen, ohne sofort ein Gerücht am Hals zu haben. Wenn Menschen zu Marktwerten herabgestuft werden, Transfers abgewertet werden, ohne die wirklichen Beweggründe zu kennen, dann muss man sagen: Fußball ist ein Sport der Unmenschen.

Dieser Boulevard ist wie so oft beliebt, denn naiv lebt es sich einfacher. Hier kann jeder mitreden, teilhaben, zusammenzählen und schnell auf Transfermarkt.de den Marktwert checken. Größtmögliche Wichtigtuerei ohne eine Ahnung von Betriebswirtschaft und Kaderplanung zu haben versucht man über Stammtisch-Gerede in YouTube-Formaten oder Podcasts sich Spieler wünschen und dabei so tun, als hätten sie exklusive Informationen. Transfermarkt-Gerede hat immer auch noch einen Spaß-Faktor, wie als würde man im Fußball Manager sich einen Kader zusammenbauen, dabei unterschätzt man aber, dass man einen Verein mit echten Spielern unterstützt und nicht mit „Spielermaterial“. Diese Spielerei kann aber auch spalten, man erinnere sich an die selbsternannten Virologen oder Bundestrainer, neuerdings sind es die selbsternannten Kaderplaner – wir wollen aber weiter einordnen, zu einer Meinungsbildung rund um neue Spieler beitragen, dabei ist es weiter unser Credo, dass wir versuchen, den Sport auch etwas fern der Fansicht zu sehen und so ein Verständnis für erst unklare Entscheidung zu erzeugen.

Spieler kommen, Spieler gehen

Immer wieder ließen Spieler uns im Unklaren über ihre Zukunft, sie streuten Dementi, unterschrieben aber wohl schon beim neuen Verein – das schafft Misstrauen. Niemand im aktuellen oder zukünftigen Kader wurde in irgendeiner Weise genötigt seinen Vertrag zu unterschreiben, aber ich erwarte, dass man seine Entscheidungen vertritt und sie auch mit Würde trägt. Der Jahn lockt gerade mit der sportlichen Perspektive und dem Umfeld, natürlich ist die Emotionalität nicht so groß wie bei anderen Vereinen, aber dennoch erwarte ich Respekt vor den Farben. Und genau das wurde mehrmals in den letzten Jahren missachtet, deswegen gilt für mich: Spieler kommen, Spieler gehen.

Natürlich interessiert es mich, wenn es neue Spieler gibt, aber am Ende zählt das Team und der Verein. Ich habe immer vollstes Vertrauen in die Spieler, die am Platz stehen, egal welche Vertragslänge sie haben oder welchen Marktwert. Genau wegen dieser bedingungslosen Unterstützung überwiegt bei mir auch eher die Vorfreude auf einen neuen Kader und somit neue Chancen als der Verlust eines Spielers. Jahn Regensburg ist viel größer als jeder Einzelne von uns und auch jeder Spieler. Dieses Motto wollen wir auch in unseren Analysen tragen: Anstatt “wie geil ist das?!”, wollen wir uns die Frage stellen, passt dieser Spieler überhaupt in die Jahn-Philosophie?

Unsere Verantwortung

Warum schreibe ich das? Weil wir spätestens seit den Gerüchten um Konni Faber spürten, welche Verantwortung wir mittlerweile haben. Bei uns meldeten sich einige Fans, auch der Spieler wurde auf sozialen Netzwerken belagert und gar seine Eltern befragt. Wir wurden zum Spielball von Akteuren, die dem Verein und der Spieler egal sind und gingen auf ein von mehreren Seiten herangetragenes Gerücht ein, welches wohl mehr als falsch ist. Dabei wurden wir mehrmals zitiert und als Quelle herangezogen, wobei wir ausdrücklich mit Vorsicht warnten.

Da wir trotz dieser in fett geschriebenen Warnung die Konsequenzen tragen wollen und auch müssen, haben wir uns über unsere Rolle nochmals unterhalten und sind zum Entschluss gekommen: Wir wollen kein Spielball sein, wir wollen den Jahn unterstützen und die Mannschaft nach vorne schreiben. Wir mussten wohl einmal hinfallen, um dann wieder aus unseren Werten gestärkt herauszugehen. Wir können weder die Kraft für eine konstruktive Einordnung aufwenden, noch wollen wir in diesem dreckigen Geschäft rund um die Gerüchte teilnehmen. Dennoch ist und bleibt es auch gewissermaßen unser Job, die Entscheidungen zu diskutieren und kritisch, aber sachlich zu hinterfragen, deswegen werden wir auch weiterhin potenzielle Spieler analysieren (wie bei Nico Ochojski), aber wir wollen das dreckige Geschäft der Gerüchte dennoch deutlich vorsichtiger handhaben.