Nachbericht: Einen Punkt gewonnen

Nach einer eher mittelmäßigen ersten Halbzeit verfiel der Jahn nach der Halbzeitpause in altbekannte Muster. Probleme im Ballbesitzspiel und schlampiges Stellungsspiel führen zum Gegentor, der Jahn erringt aber durch einen Kopfball durch Huth einen Punkt. (Foto: Gatzka)

Vorgeplänkel: 4-2-3-1 gegen 4-2-3-1

Joe Enochs stellte sein Team nach dem überzeugenden Auftritt in Münster ganz nach dem Motto: „Never change a winning team“ auf, trotz leiser Kritik im Umfeld unter anderem an Noah Ganaus hielt er auch an dem Stürmer fest. Dahingehend stand auf dem Papier wie gewohnt ein 4-2-3-1, was sich aber gegen die Löwen durchaus rapide veränderte, dazu aber später mehr.

Argirios Giannikis hingegen wechselte auf zwei Positionen und brachte Lakenmacher sowie Rieder für Zwarts sowie Steinhart. Nominell konnte man auch bei den Löwen ein 4-2-3-1 erkennen, wobei es gerade im Zentrum ein rotierendes Gebilde ohne direkte Zuordnung ist. Gegen den Ball war es ein 4-4-2, wo Guttau als zweite Spitze agierte und die beiden Flügelspieler teils sehr weit nach hinten rückten.

Halbzeit 1: Fehlende letzte Pässe

Die Gäste waren von Anfang an die spielbestimmende Mannschaft. Sie hatten viel mehr vom Ball, ließen ihn sehr gut in den ersten zwei Linien zirkulieren und lockten den Jahn heraus, bevor sie lange Bälle nach vorne spielten. Dabei hatten sie auch grundsätzlich die passenden Muster; man hatte kaum die Möglichkeit, sie effektiv vor Probleme zu stellen. Diese Sicherheit in der Ballzirkulation war die Ursache, wieso der Jahn von Anfang an nicht wirklich ins Spiel kam – jegliche Pressingversuche gingen ins Leere und Ballgewinne endeten in weiteren Gegenstöße des Gegners. So auch in der 4. Minute. Nach einer Klärungsaktion von Gebhardt leitet Fynn Lakenmacher erst den Angriff ein, spielt dann einen Doppelpass mit Guttau, dann noch einen mit Muteba und steht plötzlich allein vor dem Tor, aber der überragende Gebhardt bleibt im 1-gegen-1 der Sieger. Kurz darauf baute man über die Innenverteidigung aus Jesper Verlaat und Michael Glück auf. Da die Abstände zu groß waren, fehlte dem Jahn jeglicher Zugriff und die Eröffnung über die Außenverteidigung konnte nicht gestoppt werden. Nach einem langen Ball von Kilian Ludewig auf Lakenmacher konnte der erneut abschließen, scheiterte dieses Mal aber am Außennetz.

Das Momentum lag sichtlich auf der Seite der Blauen, nach der heißen Anfangsphasen beruhigte sich das Spiel aber erstmal. Der SSV Jahn musste sich nun erstmal sammeln, diese Sicherheit war gerade gegen den Ball von großer Bedeutung. So lief man im 4-1-3-2 an, wobei Rasim Bulic hinter die Stürmer rückte. Relativ schnell wurde klar, dass man die rechte Seite schon früh aus dem Spielaufbau nehmen wollte. Christian Viet sollte Verlaat so anlaufen, dass er den Ball auf Glück weiterspielen sollte, worauf Ganaus aggressiv in das Pressing ging, denn gerade Verlaat kann mit seinen langen Bällen hinter die gegnerische Abwehrkette auf Lakenmacher eine Waffe sein, dies wollte Enochs unterbinden. Dieses Verhalten konnte man in den Anfangsminuten eher nicht aufzeigen, wodurch 1860 zweimal über diese Seite gefährlich werden konnte.

Nach einigen langen Bällen und Ping-Pong-Situationen meldete sich Regensburg zum ersten Mal in der 11. Minute im gegnerischen Strafraum an. Nachdem Oscar Schönfelder seinen Vordermann Dominik Kother in eine 1-gegen-1-Situation bringen konnte, kam der Ball über Schönfelder zu Konni Faber, welcher bis auf den anderen Flügel wanderte. Seine Flanke erreichte aber Ganaus nicht, wodurch der Ball ins Aus ging. Früh merkte man: Wenn heute was geht, dann über die Flügel. Denn die Münchner standen mit ihrer Abwehrreihe eng, wodurch die Flügelspieler oft etwas Raum zum Andribbeln hatten. Dazu schoben die Außenverteidiger der Jahnelf sehr hoch, wodurch Überzahlsituationen auf den Flügeln entstehen konnten.

Die erste richtige Chance hatte man dann in der 16. Spielminute: Viet kam nach einer Ecke auf den kurzen Pfosten, getreten durch Andreas Geipl, zum Kopfball, verfehlte das Tor aber knapp. Der Jahn besetzte die Box bei Standardsituationen mit einer sehr hohen Anzahl an Spieler, sichtlich wollte man die Hintermannschaft des Gegners etwas überfordern, dies klappte in dieser Szene gut, lediglich was die Restverteidigung betrifft, birgt diese Variante durchaus große Risiken, denn der Jahn verteidigte teils nur mit einem Spieler.

Darauf folgte aber wieder eine Gelegenheit für die Löwen. Nachdem Viet und Bulic kurz die Position im Pressing getauscht hatten, war Rasim etwas mit seinen Aufgaben überfordert und konnte den Ball nicht in die richtige Richtung lenken. Über Kwadwo, den Außenverteidiger, lösten die Giesinger dann das Spiel aus, um mit Muteba das Tempo im Aufbau deutlich zu erhöhen. Dieser setzte wenige Momente später dann Lakenmacher ein, der auf Schröter ablegte, dessen Schuss wurde aber geblockt. Konnte man den Pass auf den Außenverteidiger nicht verhindern, dann gab es für den Jahn oft Probleme und man konnte keinen Druck ausüben, aufgrund des großen Abstands zur nächsten Linie – das wurde im Laufe der Partie noch mehrmals zum Problem. In dieser Spielphase kam der SSV Jahn immer besser ins Spiel, aber auch die Gäste kamen durchaus gefährlich ins letzte Drittel. Doch gerade Bulic sowie Breunig rückten oft sehr gut heraus und gewannen brutal wichtige Zweikämpfe.

Die Sechzger hatten die nächste Gelegenheit: Schröter flankte nach einer Ecke ins Zentrum, der blank stehende Kwadwo köpfte aber über das Tor (24.). Man verteidigte zwar mittels Manndeckung, verlor aber teils die Zuordnung, weshalb auch hier Kwadwo zum Kopfball kommen konnte. Eine Manndeckung ist zwar pragmatisch, allerdings hat man das Heft nicht in der Hand und muss andauernd auf den Gegner reagieren.

Regensburg hatte zwar nun vermehrt den Ball und konnte sich gerade über die Flügel in das gegnerische Abwehrdrittel arbeiten, verpasste dann aber oft den letzten Pass. Das Problem war der natürliche Mangel an zentralen Spielern, insbesondere im letzten Drittel. Gelegentlich gab es längere Zirkulationen – auch mit einem zurückfallenden Sechser – um 60 herum, ohne überhaupt in die Nähe des gegnerischen Strafraums zu kommen. München verschob und agierte in einem tiefen Mittelfeldpressing und stellte gerade die Passwege in das Zentrum zu. Insofern ergab sich hier eine Pattstellung, obgleich es eher zulasten der Jahnelf war, denn man wurde müde und hatte keine Angriffsmöglichkeiten, während sich bei den wiederkehrenden Mustern vermehrt einfache technische Fehler einschlichen, welche die Sechzger nutzen wollten. Um diese Problemstellung zu lösen, stellte man in einen Dreieraufbau um, so schob einer der defensiven Mittelfeldspieler (oft Geipl) zwischen die Innenverteidiger, während diese sehr breit standen und so das gegnerische Pressing auseinanderzogen.

In der ersten Halbzeit passierte aufgrund einiger Stockfehler sowie auch taktischen Fouls nicht mehr viel, wodurch es torlos in die Halbzeitpause ging.

Halbzeit 2: Erst Schröter, dann doch Huth

Ohne Wechsel ging es dann nach dem Pausentee im Jahnstadion weiter. Es stellte sich schon kurz nach Wiederanpfiff heraus, dass sich nun das Spiel deutlich offener gestalten würde. So gehörte die erste Torchance dem Jahn: Nach einer Seitenverlagerung hatte Bene Saller Platz, spielte einen Steilpass auf Ganaus und ging sofort tief. Nachdem Faber den Ball erhielt, spielte der den Ball zwischen den Spielern hindurch auf Saller, welcher plötzlich vor dem Tor stand und den Ball nicht traf. Ein wunderschöner Spielzug, da es gerade diese Wichtigkeit des tiefen Spiels unter Joe Enochs zeigt, aber wie so oft fehlte der letzte Schliff. Ganz anders als zu Beginn des Spiels war es plötzlich der Jahn, der die Ballgewinne mittels Gegenpressing erzielen konnte, aber beim Umschaltspiel haperte es teils bei der Ausführung. Dennoch war man sichtlich in der Partie.

Das Spiel wurde danach deutlich hitziger. Eine ganze Reihe von Fouls und Rudelbildungen veränderte die Partie dann doch nochmals sehr, so schlichen sich mit der Kulisse dann noch mehr einfache Fehler im Abspiel sowie im Stellungsspiel ein. Anders aber die Löwen, denn die zeigten sich eher wenig beeindruckt und hielten am Matchplan fest. Die Giesinger überluden weiter die Flügel, gerade Muteba konnte sich immer wieder aus den engen Räumen lösen und so Überzahlsituationen schaffen. Dazu wurde Lakenmacher in einem ohnehin schon physisch betonten Spiel zu einem Schlüssel für Giannikis, denn der erhielt oft Bälle zum Festmachen und sollte sie auf die Flügel verlagern.

Muteba war es dann auch, welcher den Ball in der 53. Minute gewinnen konnte, daraufhin 30 Meter dribbelte und zu Guttau im Zentrum abspielte, welcher zu Schröter ablegte, dann erst Breunig aussteigen ließ und zum 1:0 einschob. Ausgangspunkt war ein Aufdreh-Fehler durch Saller. Der Jahn kam dann durch die sehr weit aufgerückte Außenverteidigung nicht ins Gegenpressing, wodurch Muteba so einen weiten Weg gehen konnte. In der Rückwärtsbewegung zeigte die Jahnelf mehrmals in dieser Saison Schwächen, gerade wenn man in Richtung das eigene Tor laufen muss, auch in dieser Szene. Dass das weite Aufrücken von Saller und Schönfelder ein Spiel mit dem Feuer ist, das war wohl allen klar, wohlgleich waren die Ketten wohl etwas zu breit gestaffelt, wodurch ein kollektives Gegenpressing schlichtweg nicht möglich war und so bekam man keinen Zugriff.

In der 58. Spielminute dann direkt die Gelegenheit zum Nachlegen, doch Glücks Kopfball geht nach einem Freistoß von Schröter an die Latte. Erneut konnte sich ein Spieler aus der Manndeckung lösen, erneut wurde es gefährlich.

Die Mannschaft wirkte danach weiter verunsichert, oft gab es ein Schimpfen im Team oder gegenüber Balljungen, dazu leichte Frustfouls. Aber auch positive und motivierende Aktionen wie durch Bulic bauten auf. So kämpfte man sich wieder irgendwie in die Partie und hatte zwar Möglichkeiten zum Umschaltspiel, aber scheiterte mehr an den eigenen Fehlern als am Gegner.

Der Jahn agierte dazu weitaus offensiver als noch vor dem Gegentor, dabei zog man die Abwehrreihe von 1860 weiter auseinander, wodurch die zentralen Mittelfeldspieler sich teils in eine Art Sechserkette einfügen mussten. Dadurch suchten die Flügelspieler oft den Rückraum und provozierten Seitenverlagerungen, aber oft wurde man schlichtweg nicht oder zu spät gesehen. Da der flache Spielaufbau eher mäßig durch den zentralen Block der Löwen funktionierte, suchte man vermehrt lange Bälle, aber diese wurden meist von der gegnerischen Innenverteidigung aus der gefährlichen Zone geköpft.

Nach einer kurzen Ruhephase war wieder der Jahn an der Reihe, nach einem Lauf in die Mitte sowie vorher einer Seitenverlagerung flankte Schönfelder auf den langen Pfosten zu Ganaus, welcher aber nur das Außennetz traf (65.). Mitlerweile war Ganaus auf die Flügelpositon gerückt, dabei attackierte er bei Flanken immer wieder eben jenen langen Pfosten aus dem Rücken seines Gegenspielers.

Kurz darauf (72.) konnte 1860 München aber wieder umschalten, im zweiten Drittel eroberte der eingewechselte Nankishi, durch den aufgerückten Faber konnte dieser bis in die Box des Jahn eindringen, wo er den völlig freien Lakenmacher fand, welcher erneut im 1-gegen-1 an Gebhardt scheiterte, den Ball über den im Rückraum lauernden Frey wieder erhielt und dann an Breunig verzweifelte. Eine Doppelchance, die erneut das Spiel mit dem Feuer des Jahns auf der Position des Außenverteidigers zeigt, da erneut zu viel Breite für Gegenpressing da ist und so ein Nachschieben erfolgslos, daraufhin bleibt nur das Rennen zum eigenen Tor, aber da vergisst man oft den Rückraum, wo sich hier die entscheidende Szene abspielte.

Dennoch jubelten die Jahnfans am Ende noch, nach einer Ecke von Kother steigt der eingewechselte Huth am höchsten und köpft zum Ausgleich. Daraufhin drehte sich das Momentum. Erneut war es unter anderem Bulic, der in Minute 84 einen Konter nach aufgerückter Mannschaft mit einem sehr wichtigen Tackling verhindert, dazu musste Gebhardt aus dem Tor nach einem langen Ball für Nankishi kommen. Aber auch 1860 München rückte weiter auf, dadurch suchte der Jahn immer wieder mittels Flanken aus dem Halbraum den Weg hinter die Abwehrreihe des Gegners. Kurzzeitig sicherten nur noch die beiden Innenverteidiger ab, der Rest war im ständigen Wechsel zwischen voller Offensive und voller Defensive.

Weiter blockte aber der TSV über das Zentrum gut ab und lenkte das Spiel des Jahns auf die Außen, so konnte man zumindest in wichtigen Momenten Zeit schinden. Dadurch kam es weder auf der einen noch der anderen Seite zu Torchancen, wodurch Sören Storks nach 90 Minuten mit einem Spielstand von 1:1 die Partie beendete.

Fazit: Ein erkämpftes Unentschieden

Heute wäre mehr drin gewesen. Die Mannschaft zeigte heute zu viele Fehler im Spielaufbau sowie im technischen Bereich, dazu ließ man sich zu sehr vom kampfbetonten Spiel und der Stimmung beeinflussen. Für den Jahn wäre trotz der Druckphasen der Löwen auch ein Sieg möglich gewesen, das ist dann angesichts der Spielanteile doch beachtlich und zeigt auch, welche Kraft diese Mannschaft entwickeln kann. Festzuhalten bleibt allerdings, dass dieser Punkt ein sehr wichtiger im Aufstieg sein kann, auch im Kopf bleibt der emotionale Ausgleichstreffer. Dennoch muss man die Fehlerquellen weiter abstellen, um nächste Woche im Topspiel gegen Ulm vielleicht die entscheidenden Wochen einläuten zu können.

Avanti Ratisbona!

Stimmen zum Spiel: „(…) dann kommst du wahrscheinlich nicht mehr zurück“

Konrad Faber zum Spiel: „Heute hätten wir uns nicht über ein 2:0 beschweren dürfen, dann kommst du wahrscheinlich nicht mehr zurück. So eng wie das oben ist, dann ist dieser Punkt sehr wichtig. (…) Heute war Gänsehaut beim Herausgehen, wie gerade jeder auf der Hans-Jakob-Tribüne von links nach rechts mitgemacht hat. (…) wir fahren nach Ulm, um das Spiel zu gewinnen. (…) Wir müssen ein paar Sachen besser als heute machen, sonst liegt man vielleicht mal höher zurück und dann wird es schwerer.“

Marlon Frey zum Unentschieden: „Wir hatten die Chance auf 2:0, 3:0 oder sogar 4:0 zu erhöhen, aber am Ende spielst du hier gegen einen Tabellenführer, der aufsteigen will und da musst du die halt killen. Da müssen wir kaltschnäuziger sein und daher ist das 1:1 bitter. (…) Wir trainieren die ganze Woche und bereiten uns auf den Gegner vor, wir haben unseren Plan umgesetzt, umso bitterer das Ergebnis.“

Andi Geipl zu Ulm: „Wir fahren in das Topspiel mit drei ungeschlagenen Spielen und die haben ihre Ungeschlagen-Serie in diesem Jahr, daher wird das wieder ein aggressives Mentalitätsspiel. Da müssen wir dagegen halten und unser Spiel durchdrücken. Wir wollen natürlich mit den drei Punkten zurück nach Regensburg fahren.“

Statistiken zum Spiel:  

Ballbesitz: 63/37

Torschüsse: 2/3

Torschüsse – daneben: 7/5

Fouls: 10/12

Abseits: 1/0

Ecken: 8/2

Gelbe Karten: Ziegele, Geipl, Viet, Rieder, Glück

Zuschauer: 15.210

Schiedsrichter: Sören Storks