0-1 gegen Lübeck: Enttäuschung.

Der SSV Jahn Regensburg verliert das Spiel gegen den VfB Lübeck in einem windigen Spiel im Stadion an der Lohmühle mit 0:1. Verdient, muss man hier leider sagen, denn trotz der vielen Brisen gab es für unsere Jahnelf keinen Aufwind, sondern eher grün-weißen Gegenwind. (Foto: Gatzka)

Vorgeplänkel

Am meisten ärgere ich mich im Nachhinein über mich selbst und mein hohes Ross. Nicht verwechseln: Ich gehe immer davon aus, dass unsere Jungs siegen und wir uns Punkte holen, da ich an sie glaube. Nur dieses mal war es nicht so, dass ich diese Einstellung hatte, sondern eher, dass ich dachte “Naja, gegen Lübeck schaffen wir das schon locker”.
Wie sehr man dabei auf seinem eigenen Hintern landen kann, weiß ich spätestens jetzt um 1 Uhr nachts nach 7 Stunden Autofahrt. “Ich kann es nicht mehr hören, dass wir niemanden unterschätzen sollen, wir sind der Favorit!”. Tja, bitteschön, genau deshalb sollte man jedem Gegner den nötigen Respekt erweisen. Leider kann man es nur so deutlich sagen: Lübeck mag nicht gut gewesen sein, aber sie waren eindeutig besser als wir.

Der Spielbericht

Was sind nun die Eindrücke, die wir aus diesem Spiel gewinnen können? Nun, zuerst muss man sagen, dass meines Erachtens die Jahnelf die erste Hälfte überwiegend dominierend war und auch in der zweiten Hälfte schon die meiste Zeit das Zepter in der Hand hatte.
Doch oftmals sind es die kleinen Dinge, die ein Kartenhaus zum Einsturz bringen können. Das klingt drastischer als ich es meine, beschreibt aber leider einfach, wie das Spiel auch über den Großteil der Zeit gelaufen ist.
Das Gegentor zum Beispiel: Leon Sommer vom VfB Lübeck kam auf der rechten Seite an den Ball und setzte sich gegen Bene Saller stark durch. Flanke, Abpraller von Jan-Marc Schneider und Tor durch Robin Velasco. Und wieder fragte man sich als Jahnfan, wieso die gegnerischen Spieler so sträflich unbedrängt zum Abschluss kommen dürfen.
Nicht, dass hier das Bild entsteht, unsere Defensive wäre das gesamte Spiel über so gewesen. Nein, man hatte die Gegner schon im Griff, doch eben in diesen Situationen nicht so, wie man es hätte haben müssen. Solche Fehler passieren, sollten aber dringend abgestellt werden, denn Gegentore sind in unserer aktuellen Verfassung ein Nackenschlag für die Mannschaft.
Der Jahn war stehts bemüht den Ausgleich zu erzielen, so richtig gelingen wollte es aber nicht. Wie sehr man sich bemühte und wie wenig es gelang, zeigt z.B. das Eckenverhältnis, welches eindeutig unsere Jungs aus der Domstadt gewinnen.
Was man am Ende aber nicht außer Acht lassen darf: Der VfB Lübeck spielte das Ganze clever runter. Man ließ sich nicht unter Druck setzen, drängte auf weitere Tore und verteidigte konsequent alles weg. Da war einfach mehr Wille zu sehen, wie auch Andi Geipl am Ende im Interview nach dem Spiel ausführte.

Der Hauptgrund zur Niederlage

Was war der Weg, der den Lübeckern den Sieg beschert hat? Ein genauerer Blick kommt im nächsten Absatz. Doch mein Hauptgrund ist folgender: der zweite Ball.

Ich habe mich heute so oft geärgert, wie wir Kopfbälle und Einwürfe verloren haben. Während Lübeck Kopfbälle und Einwürfe – in meinen Augen – zumeist zu den eignen Teamkameraden anbrachte, gelang das unserer Elf gar nicht. Es wurden so viele zweite oder auch dritte Bälle direkt wieder verloren und das teilweise haarsträubend.
So verlor z.B. Florian Ballas in der 50. Minute ein Kopfballduell und es wurde prompt gefährlich, da der Ball bei einem Lübecker im Strafraum landete. Dank Gebhardts schneller Reaktion schlug dieser Ball nicht ein.
Oder auch der Moment in der zweiten Hälfte, wo Bene Saller einen Ball bekommt, ihn sich zu weit vorstoppt und ihm dann der Ball abgeluchst wird. Lübeck nutzte diese Möglichkeiten, die wir ihnen gaben und versuchte daraus, ihr Spiel aufzubauen.
Hätte unsere Elf einen besseren Tag erwischt, wäre es für die Hausherren deutlich schwerer geworden, so war dies hingegen ihr Schlüssel zum Sieg.

Die Gründe für die Krise

Mein geschätzter Kollege Max Aichinger hat im Nachgang zum Spiel versucht zu ergründen, woran es gescheitert sein könnte. Ich habe euch seine Meinung hier mal eingefügt, da ich sie sehr lesenswert und gut durchdacht finde.

Das Problem, das wir einfach in dieser Saison haben, ist, dass wir eine Umschaltmannschaft (wenigster Ballbesitz der Liga mit 5 % Abstand auf 19.) sind. Wir haben so viele Ballgewinne wie kaum eine andere Mannschaft, gerade die Flügelspieler, wenn sie die AV anlaufen. Das Problem ist aber, was danach passiert. Der erste Pass danach ist oft weg bzw. wird gar nicht gespielt – das liegt in der Natur der Sache, bei einem so hohen Ballgewinn in dieser Position bleibt nur der Pass zum Stürmer und der ist oft zugestellt oder der Stürmer kann den Ball nicht verarbeiten. Da fehlt mir die Präsenz aus dem Zentrum von Chrille Viet oder Niclas Anspach, und wenn es nur ein raumöffnender Lauf ist, welcher Passwege öffnet.

Auch Dribblings sind eher mittelmäßig, was auch eine Option wäre, um die gegnerische Strukturen zu brechen. Wenn dann sticht Dominik Kother hervor, aber selbst der gewinnt nur 50 % seiner Dribblings und ist nur der 30. beste Dribbler der Liga.

Mich stören auch die langen Bälle. Den Effekt von verlorenen Luftzweikämpfen sollte nicht unterschätzen, denn oft kann ein Gegner einen in diesen Momenten ungeordnet auffinden. Auch der mentale Effekt kann durchaus eine Rolle spielen. Selbst wenn der lange Ball ankommen sollte, findet der jeweilige Spieler kaum Möglichkeiten zur Verarbeitung vor. Aus der Luft in kreative Situationen zu kommen wird aufgrund der Unkontrollierbarkeit der Bälle eher schwierig. Ähnliches gilt für Flanken, die aus dem Halbfeld kommen, die sind meistens nie für einen Stürmer verwertbar.

Wir stehen sehr breit, dadurch kommen wir nicht ins Gegenpressing [vor allem wichtig bei zweiten Bällen] – darunter leidet A) das Momentum und B) kann der Gegner oft aufbauen. Dieser Teufelskreis fügrt dazu, dass das Spiel aus der Hand zu gleiten scheint.

Diese Probleme bestehen halt schon seit Monaten, werden durch die Krise aber verstärkt. Deswegen bin ich gespannt, was sie ändern, denn eine Basis besteht definitiv, aber in dieser Liga entscheiden Feinheiten.

Das sieht man beim Jahn auch in jeder Mannschaft. Sie überlassen uns den Ball, pressen hoch und drängen uns zu langen Bällen, wo sie dann nach zweiten Bällen umschalten wollen. Also genau das, was wir in der 2. Bundesliga auch gewissermaßen immer wollten, aber nun sind wir die Favoriten.

Und das zieht sich durch diese Umschalt-Philosophien durch, dass man immer wieder nicht weiß, was man mit dem Ball machen soll. Irgendwie können viele das dann immer nur mit individueller Qualität und Freiheit in der Offensive umgehen, glaube das wollten auch wir, aber das klappt halt mit dem Flügelspiel nun eher mäßig.

Wie ist die Stimmung?

Ich möchte hier gleich vorweg eins betonen: Ich bin nicht im inneren Mannschaftskreis, daher sind es nur Beobachtungen, die natürlich vollkommen abweichen können. Aber man merkt, dass die Mannschaft schwer an dieser Niederlage zu knabbern hat.
Niemand ist kritischer zu sich selbst als die Mannschaft und die Verantwortlichen. Joe Enochs war auf der PK nach dem Spiel bedient und verlieh dem ganzen auch Ausdruck.

Wir müssen uns an die eigene Nase fassen. Das sind nicht die Ansprüche, die wir an uns selbst haben. Über die vollen 90 Minuten war das heute zu wenig.

Joe Enochs auf der Pressekonferenz nach dem Spiel

Man sah auch auf dem Feld schon, dass unsere Mannschaft nervlich gut zu reizen war und Spielern wie einem Bestimmten von Lübeck gelang es auch, Andi Geipl in eine Rangelei zu verwickeln. Aber auch Konrad Faber ließ sich provozieren und man konnte beobachten, dass Felix Gebhardt alles andere als amused war zu Ende des Spiels.

Ich denke nicht, dass die Mannschat in sich ein Problem hat. Aber man merkt, wie sehr sie sich selbst auch nun unter Druck setzten und an dieser Leistung zu knabbern haben. Wie man sie aufbauen oder das lösen kann? Das ist eine sehr gute Frage, die Antwort darf gerne geteilt werden.

Meine eigene Stimmung? Ich bin enttäuscht. Da wäre mehr drin gewesen und Spiele wie solche ärgern mich einfach. Aber ich weiß, dass es nicht bringt, auf die Jungs zu schimpfen und zu sagen “Man wird sie doch mal kritisieren dürfen!”. Da ich keine Lösung habe, wie sie es besser machen können, steht es mir einfach nicht zu. Aber ich würde mir wünschen, dass die Mannschaft die “freie Zeit” nutzt, um an sich zu arbeiten. Mehr an sich zu arbeiten, sich kritisch mit sich auseinanderzusetzen und effektiv versuchen, solche Fehler wie heute abzustellen. Und ja, ich denke auch, dass Joe Enochs hierfür der richtige Mann ist.
Wie ich es heute schon ein paar mal im privaten Umfeld erwähnt habe: Eine Notbremse zu ziehen, kann dir auch den ganzen Zug zerstören. Und dieses Risiko möchte ich am Ende auch nicht eingehen. Aber sich der Tatsache stellen, dass wir momentan ein paar falsche Weichen gestellt haben, müssen wir uns leider auch.

Aber wir sehen uns in 2 Wochen doch hoffentlich alle im Jahnstadion, um zusammen mit der Truppe durchzustarten? Forza Ratisbona!

Mein MVP des Spiels

Kurz und knapp: Andi Geipl. Er war wirklich bemüht und gab von Anfang bis Ende alles für einen besseren Ausgang, der uns leider verwehrt blieb.