Oben bleiben oder erster Dämpfer?

Die Pokal-Niederlage beim FC Audi Schanzer ist noch nicht so lange her, dennoch wirkt es aufgrund der Länderspielpause wie eine halbe Ewigkeit. Am Samstag steht nun wieder der Alltag an der Reihe, denn man trifft um 14 Uhr auf Rot-Weiss Essen. (Foto: Christof Koepsel/Getty Images via Onefootball; Mitarbeit: zFlo)

Der Blick auf den Gegner

Mit Rot-Weiss Essen, kurz RWE, kehrte vor einem Jahr ein echter Traditionsverein in die 3. Liga zurück. Der Verein wurde 1907 gegründet und existiert seit 1923 unter dem heutigen Namen. Die große Zeit des Clubs liegt aber bereits länger zurück. In den 1950er Jahren gewann RWE den DFB-Pokal (1953) und die deutsche Meisterschaft (1955). Teil der damaligen Mannschaft war die Vereinslegende Helmut Rahn, Torschütze zum 3:2 gegen Ungarn beim „Wunder von Bern“, dem WM-Endspiel 1954. 

Aus dieser Zeit rührt übrigens das bislang einzige Aufeinandertreffen mit dem SSV Jahn in einem Pflichtspiel. Im August 1952 siegte RWE in der ersten DFB-Pokal-Hauptrunde an der heimischen Hafenstraße mit 5:0. Am Ende der Saison gewann Essen dann zum bislang einzigen Mal in der Vereinsgeschichte den Pokal. Zwischen 1966 und 1977 war RWE insgesamt sieben Jahre lang Teil der Bundesliga. Bekannte Spielernamen aus dieser Zeit sind Rekordspieler und -torschütze Willi „Ente“ Lippens sowie die späteren Nationalspieler Horst Hrubesch und Frank Mill. 

Ende der 1970er Jahre setzte ein langsamer Niedergang ein. Drei Jahrzehnte lang pendelte der Verein zwischen 2. und 3. Spielklasse, mit einem Ausflug in die Viertklassigkeit 1998/99. Gelang 2006 noch der Aufstieg in die 2. Liga, so stürzte man daraufhin binnen zwei Jahre in die Regionalliga ab. 2010 folgte dann der Tiefpunkt der jüngeren Vereinsgeschichte: der Abstieg in die fünftklassige Oberliga. Aus dieser arbeitete sich RWE zwar sofort wieder heraus, dennoch verblieb man weitere zehn Jahre in der Regionalliga, bis 2022 endlich der ersehnte Aufstieg gelang – nach 15 Jahren Abstinenz vom Profifußball. 

Das heimische Stadion an der Hafenstraße verdient eine kurze Erwähnung. An dieser Stelle wird seit 1920 Fußball gespielt. In den 1950er Jahren erhielt die Anlage als erstes deutsches Stadion eine Flutlichtanlage. Aufgrund einer vollständig überdachten Haupttribüne und des modernen Charakters ohne Laufbahn sprach man vom „deutschen Highbury“. Mit der Zeit wurde das Stadion allerdings immer maroder und 2013 durch einen Neubau in wenigen Metern Entfernung ersetzt. Dabei hat man die charakteristischen freien Ecken bewahrt. 

Der heutige Bau fasst 20.352 Plätze. Trotz sportlicher Erfolglosigkeit hatte RWE auch in der Regionalliga konstant einen Zuschauerschnitt im oberen vierstelligen Bereich. In der vergangenen Saison verfolgten über 16.000 Zuschauer im Schnitt die erste Drittligasaison seit Langem. Zuletzt war an der Hafenstraße allerdings der Rasen ein Politikum. Grund war ein im Sommer neu gesätes Grün, das offenbar nicht richtig festwuchs. Der Auer Spieler Linus Rosenlöchner beklagte gar, dass seine Verletzung beim Essen-Gastspiel Ende August vom Rasen herrühre. Nun wurde reagiert: Zum Jahn-Spiel gibt es ein komplett neues Geläuf für schlappe 125.000 Euro. 

Nach dem knappen Klassenerhalt mit Rang 15 in der vergangenen Saison ist RWE passabel in die laufende Saison gestartet. Aus fünf Spielen holte das Team von Trainer Christian Neidhart acht Punkte und steht auf Rang acht. Die traditionell hohen Ambitionen untermauerte der Club mit Transfers von Ekin Celebi (von Hannover 96), Vinko Sapina (Verl), Moussa Doumbouya (Ingolstadt), Marvin Obuz (1. FC Köln, Leihe) und Leonardo Vonic (Nürnberg II). Sie treffen auf eine ohnehin gefestigte Achse von Akteuren mit höherklassiger Erfahrung: Kapitän Felix Bastians, Björn Rother, Felix Götze und Thomas Eisfeld. 

RWE tritt meistens in einer 4-1-4-1-Formation an, mit Sapina auf der Sechser-Position, einem Stürmer als Wandspieler (meist Doumbouya oder Berlinski) sowie schnellen Außen (Obuz und Isaiah Young). Kreativspieler in der Offensivzentrale sind Torben Müsel und Cedric Harenbock. Für das Jahn-Spiel fallen allerdings Celebi (hat aufgrund einer Leistenverletzung noch kein Spiel gemacht) und Eisfeld mit einem Syndesmosebandriss definitiv aus. Sapina und Andreas Wiegel (beide muskuläre Probleme) stehen auf der Kippe. 

Der Blick auf die Jahnelf

Mit einem verdienten 2:1 Sieg gegen die Zebras aus Duisburg verabschiedete sich die Jahnelf vor zwei Wochen in die Länderspielpause. Dennoch hatte auch diese Brisanz zu bieten, mit einem Toto-Pokal Spiel gegen den FC Ingolstadt, der dieses wie immer als großes Donau Derby vermarktete. Mussten ja wohl dennoch nachhelfen und ihre Fans anbetteln zu kommen, mit freiem Eintritt für DK-Inhaber. Das Spiel endete nach einem spektakulären Elfmeterschießen mit 8:9 aus Sicht unserer Jungs, die das Spiel leider gerade in der zweiten Halbzeit nicht auf ihre Seite ziehen konnten, mit kläglich vergebenen Torchancen.

Robin Ziegele indes betonte im Interview aber, dass die Mannschaft dieses Spiel gut überwunden hatte und nun voller Fokus auf die Aufgabe in Essen legen würde. Der wieder genesene Abwehrspieler kam auch nicht drumherum, die Stimmung im Stadion an der Hafenstraße zu loben, die Spiele dort würden auch „immer Spaß machen, vor allem wenn man die gewinnende Mannschaft ist“. Der Gegner wird mit einer breiten Brust die Mannschaft erwarten, da müsse man auch erst mal dagegen halten und zeigen aus welchem Holz man geschnitzt ist.

Joe Enochs kann nach der Länderspielpause auch endlich wieder auf Alexander Bittroff und den eben schon erwähnten Robin Ziegele zurückgreifen, beide sind seit Dienstag wieder voll im Training und haben das auch gut verkraftet. Ob einer der beiden gleich wieder den Weg in die Startelf finde, lies der Trainer offen, der unterdessen Louis Breunig auch sehr gute Leistungen bescheinigte und zudem auch sehr zufrieden mit dem Trainingsniveau des Teams ist. Auch das Eigengewächs Leopold Wurm bekam da lobende Worte von unserem Cheftrainer. Niclas Anspach wird noch ein wenig länger ausfallen, mit seiner Außenbandverletzung im Sprunggelenk.

Auch der US-Amerikaner schwärmte auf der Pressekonferenz fast schon ein bisschen davon, wie es ist, in dem Stadion des RWE zu spielen. Die Fans würden in dem Stadion einen sehr großen Faktor spielen und das Team auch durchgehend anpeitschen. Auch warnt unser Trainer wieder vor der Mannschaft, die nach zwei Siegen in Folge auch gut in die Saison gekommen ist. Die Essener hätten einen sehr erfahrenen Kader, ein Team das auch schon sehr abgeklärt und reif auftritt, auch sehr robust und Zweikampfstark in Spiele geht, ebenso deren schnelles Umschaltspiel wäre brandgefährlich „da müsse man aufpassen“ betonte Joe Enochs. Selbstverständlich will man sich nicht verstecken vor diesem Gegner.

Unseren eigenen Saisonstart resümiert er durchaus als sehr zufriedenstellend, zusammen mit Achim Beierlorzer hatte man sich das Ziel gesetzt schnell in der Liga anzukommen und kann das nun durchaus behaupten. Man könnte auch dieses Jahr eine gute Rolle spielen, prognostiziert der Cheftrainer, aber weiß auch, dass das Team noch viel Arbeit vor sich hat, aber definitiv auf dem richtigen Weg ist. Zwei fehlenden Punkten aus dem Heimspiel gegen Unterhaching trauert der Übungsleiter auch noch ein wenig nach. Im Großen und Ganzen wäre man aber schon sehr zufrieden. Noch zufriedener natürlich, wenn man die Auswärtsfahrt nach Essen erfolgreich gestaltet!