Kurz nach dem Auftaktspiel gegen die Spielvereinigung Unterhaching traf sich Der-Jahn-Blog mit unserem neuen Stürmer Elias Huth am Kaulbachweg in der 1889Sportsbar für ein Interview. Darin geht es um seinen Werdegang, seiner Einstellung und seiner Ankunft in Regensburg. (Foto: Cathrin Mueller/Getty Images for DFB ; Mitarbeit: Leander, Flo1889fm, Thomas Süß)
Hallo Elias, wie ist die Stimmung in der Mannschaft (nach dem ersten Spieltag gegen Unterhaching)?
Es herrscht keine grenzenlose Freude, weil wir uns natürlich vorgenommen hatten, gegen Unterhaching zu gewinnen. Trotzdem wissen wir, dass wir ein ordentliches Spiel gemacht haben, auch wenn wir uns vorgenommen hatten, auf jeden Fall zu gewinnen. Wir gehen mit 100 % in das Pokalspiel. Wir wollen natürlich eine Runde weiterkommen, wissen aber, dass es nicht einfach wird.
Hättest du mit so einem ähnlichen Ergebnis gerechnet?
Ich gehe nun schon in die 7. oder 8. Saison in der dritten Liga. Anders als in den anderen Ligen kann man am ersten Spieltag der dritten Liga nichts vorhersehen, wenn man gerade aus der Vorbereitung kommt. Das ist eine große Lotterie.
Du hast ja schon viele Kulissen, vor allem im Osten Deutschlands, erlebt. Hat dir dein erstes Spiel bei uns gefallen?
Auf jeden Fall. Das Stadion ist immer noch sehr neu und die Hans – Jakob Tribüne war voll mit einer tollen Stimmung. Ich habe einen sehr positiven Eindruck vom Jahnstadion Regensburg gewonnen.
Was hat dich zu dem Schritt zum SSV bewogen?
Die drei Grundwerte Glaubwürdigkeit, Bodenständigkeit und Ambition treffen auf mich zu. Der Verein passt zu mir und ich glaube, dass ich auch zum Verein passe.
Wir haben schon öfter gehört, dass Spieler und deren Berater sehr begeistert von unserem Trainingsgelände waren. Was spricht Spieler und Berater am Gelände an?
Ich hatte schon immer gehört, dass es hier ein sehr modernes Trainingsgelände und Stadion gibt. Man hat viele Trainings- und Regenerationsmöglichkeiten. Insofern hatte ich mich vor dem Wechsel darauf verlassen und wurde nicht enttäuscht.
Gab es für dich auch einmal das komplette Gegenteil, wo du ein veraltetes Gelände vorfandest?
Ja, in meiner Zeit in Erfurt. Da haben wir uns in Containern umgezogen. Das war nicht im Ansatz das, was es hier zu bieten gibt. Aber man muss trotzdem seine Leistung auf den Platz bringen und nicht sagen, dass wir ein topmodernes Gelände haben und deswegen automatisch besser sind. Das ist nicht so.
Wir kommen nun zu dir als Person: Du kommst aus der Nähe von Frankfurt. Wie bist du dort zum Fußball gekommen?
Ich komme eigentlich aus Unterfranken. Heißt, dass ich gebürtiger Bayer bin, auch wenn der Kreis Aschaffenburg weniger mit Bayern zu tun hat. Mein Großvater hat selbst Fußball im höheren Amateurbereich gespielt. Der Rest der Familie stand dem Fußball eigentlich eher ablehnend gegenüber. Seitdem ich aber Fußball gespielt habe, hat sich das Blatt komplett gewendet. Meine Mutter kennt sich sehr gut in den deutschen Ligen aus. Ohne meine Eltern wäre ich wohl nie Profifußballer geworden. Allein die täglichen 35-minütigen Fahrten vom Kreis Aschaffenburg nach Frankfurt, wo ich in der Jugend gespielt habe, muss man sich erstmal leisten können. Dafür bin ich meinen Eltern sehr dankbar, dass sie das mitgemacht haben.
Warst du von Anfang an mehr das NLZ-Kind oder sehnst du dich manchmal nach einem Bolzplatz zurück?
Ich hätte es wahnsinnig toll gefunden, wenn es einen Käfig gegeben hätte, weil beim einzigen Bolzplatz in meinem Heimatort die Tore 100 Meter auseinander standen. Schießt man bei kleinen Toren ohne Käfig daneben, bist du erstmal mehr mit Ball holen als mit Schießen beschäftigt (lacht).
Was wäre dein Plan B gewesen?
Ich habe erst kürzlich mein Bachelor-Studium zum Immobilienmanager abgeschlossen, weil ich etwas Sinnvolles mit meiner Zeit anfangen wollte, und als Fußballer fiel die Wahl dann auf Immobilienmanagement, um etwas zu machen, was erstmal nichts mit dem Sport zu tun hat.
Wer war dein Vorbild?
Wenn, dann Miroslav Klose, weil ich mich sehr gut mit seiner Bodenständigkeit, dem Einsatz und seinem Kopfballspiel identifizieren kann und mir da auch einiges abgeschaut habe.
Was ist dein Lieblingsverein?
Grundsätzlich bin ich Lokalpatriot, eigentlich alle Mannschaften im Rhein-Main-Gebiet, wie Viktoria Aschaffenburg, aber wegen der Jugend als Fußballer auch und vor allem Eintracht bzw. FSV Frankfurt. Wirklich hängengeblieben jedoch ist mein Herz bei den Kickers Offenbach, wo ich auch im alten Bieberer Berg noch spielen durfte.
Was wäre dein absoluter Traum als Fußballer?
Auch wenn ich die Leute verstehen kann, die gerne in Italien oder Spanien spielen wollen, bin ich zufrieden mit meiner Laufbahn, auch mit all den „negativen“ Erlebnissen und Stationen. Nichtsdestoweniger möchte ich natürlich als Fußballer so hoch wie möglich spielen.
Was ist der schönste Moment in deiner Karriere?
Da gibt es viele, beispielsweise der A-Jugend-Pokalsieg mit Hannover 96 inklusive Halbfinalsieg gegen Borussia Dortmund, natürlich auch die Einwechslung bei Hannover 96 in der 2. Bundesliga oder auch der Klassenerhalt mit dem FSV Zwickau in der Corona-Saison 19/20, wo wir alle 3 Tage spielen mussten, eine Aufholjagd hinlegten und am Ende auch nur wegen des besseren Torverhältnisses die Liga halten konnten.
Hast du, als du nach Hannover gegangen bist, diesen Druck bereits gespürt?
Auf jeden Fall. Ehrlich gesagt habe ich den ersten Druck bereits mit 12 gespürt, als ich von Offenbach nach Frankfurt gegangen bin, weil man bereits in jungen Jahren hart gefordert wird und die Erwartungshaltung sehr hoch ist.
Was ging während deiner Zeit in Erfurt (Abstieg und Insolvenzverfahren) in dir vor?
Ich habe damals als junger Spieler in meinem ersten Jahr als Profi erstmal einige Zeit gebraucht, um anzukommen. Trotzdem ist das, was passieren kann, sicherlich das Schlimmste, auch gerade als junger Profi.
Wie war die erste Zeit in Zwickau unter Joe Enochs?
Joe habe ich als Trainer kennengelernt, der viel erwartet und möchte, dass seine Spieler immer 100 % geben, dem habe ich versucht, gerecht zu werden. Insgesamt war es auch mit dem Klassenerhalt eine gute und letztendlich auch erfolgreiche Zeit.
Wie war der Sprung dann nach Kaiserslautern?
Klar, wenn du aus Erfurt kommst, ist es ein großer Unterschied. Der Verein ist überregional und international bekannt, das Stadion ist ein Tempel und die Fans sind lautstark. Sportlich war es aber die schlechteste Zeit des FCK inklusive Abstieg, aber dann habe ich auch in der Wiederaufstiegssaison bei Kaiserslautern gespielt, wo man den Kontrast zwischen Enttäuschung und Wut der Fans und der Ekstase nach dem Aufstieg auch deutlich gespürt hat.
Konntest du das Insolvenzverfahren bei Kaiserslautern ausblenden oder war auch das ein Störfeuer?
Im Gegensatz zu Erfurt war es eine Insolvenz in Eigenverwaltung, sprich es kam kein externer Insolvenzverwalter, um den Verein zu leiten. Die Nachrichten in der Presse haben aber natürlich trotzdem ihren Einfluss.
Wie schaffst du es, nach all den Rückschlägen immer wieder aufzustehen?
Ich nehme Kritik ernst und freue mich über Verbesserungsvorschläge, aber ich habe es nach einem ersten nicht so erfolgreichen Jahr in Kaiserslautern geschafft, beim FSV Zwickau wieder Leistung zu zeigen. Auch das zweite Jahr in Kaiserslautern lief ebenso wie die Zeit in Aue nicht ganz optimal und jetzt bin ich in Regensburg und möchte meine Comeback-Mentalität auch hier wieder zeigen und bin zuversichtlich. Ich denke, dass ich ein besonderer Typ Stürmer bin, zu dem nicht jedes System passt, weswegen es auch in Aue oder Kaiserslautern nicht so gut gelaufen ist. In Regensburg bin ich der festen Überzeugung, dass ich genauso ticke wie unser Trainer Joe Enochs. Ich weiß, welches Umfeld ich brauche, um sportlich zu funktionieren.
Welchen Rat würdest du Spielern oder jungen Menschen mitgeben, die gerade eine schwierige Phase durchmachen und irgendwo stecken bleiben?
Jeder Mensch ist anders, aber ich denke, dass es wichtig ist, eine Sicherheit und Rücklage zu haben. Das Studium habe ich, neben „Langeweile“, auch deswegen gemacht, weil ich weiß, dass man im Fußballgeschäft leicht und schnell aussortiert wird. Ein zweites Standbein und wirtschaftliche Unabhängigkeit helfen auch dabei, mit einem freieren und klareren Kopf sich auf den Fußball fokussieren zu können.
Wenn du dich beim SSV Jahn Regensburg bewerben müsstest, was sind deine Stärken?
Ich erfülle die drei Kernphilosophien des SSV Jahn. Ich gebe alles, stelle mich in den Dienst der Mannschaft und weiß, was die Fans von der Mannschaft verlangen.
Was sind deine Schwächen?
Meine größte fußballerische Schwäche ist die Inkonstanz, was auch wieder mit meinem inflexiblen Stürmertyp zusammenhängt. Ich spiele gerne mit einem zweiten Sturmpartner, um meine volle Stärke zu entfalten, ich brauche Flanken für mein Kopfballspiel und ohne diese Grundlagen fällt es mir schwer, erfolgreich zu sein. Ich habe versucht, daran zu arbeiten, aber man muss sich gewisse Dinge auch eingestehen, ohne dass das heißt, dass man aufgibt, aber ich habe eben meine fußballerischen Stärken und Schwächen.
Auf einer Skala von 1 bis 1899 – sorry, 1889, wie motiviert bist du?
Würde ich tatsächlich die 1899 bzw. 1889 nehmen, ich bin unfassbar motiviert und möchte das Maximum aus mir herausholen.
Deine Botschaft an die Jahn-Fans?
Es wird eine schwierige und spannende Saison, man kann sich schwer einordnen und es wird auch kein Selbstläufer sein, oben mitzuspielen. Es braucht auch die Unterstützung von den Fans und eine realistische Einschätzung. Wir werden nicht jedes Spiel gewinnen können. Dennoch bin ich überzeugt davon, dass wir eine gute Runde spielen werden.