Gipfeltreffen am Grund

Bei allen Jahnfans herrscht eine große Anspannung, da man am 30.04. um 13:30 Uhr im Hardtwaldstadion auf den SV Sandhausen trifft. Es ist wohl ein Gipfeltreffen am Boden der Tatsachen und der Ausgang könnte sich entscheidend auf den Abstiegskampf auswirken.

Der Blick auf den Gegner

Wir sollten uns nichts vormachen, zu Beginn der Saison wurden wir nicht nur von unserem Freund Torsten Mattuschka als Absteiger gesehen, sondern eigentlich mal wieder von ganz Fußballdeutschland. Ein Verein wurde meistens im selben Atemzug genannt: der SV Sandhausen mit aktuell dem Trainergespann Kleppinger & Corrochano. Gerade der letztere sollte die Situation des Jahn kennen, wenn man in der 2. Bundesliga eine schwere Aufgabe vor sich hat. Immerhin war er 2012/13 zu Beginn unser Coach.
Sieht man sich die Bewertungen und Daten an, schaut es auch wirklich schlimmer aus als bei uns. Hat der SSV gerade einmal 31 Tore, so haben die Mannen aus Baden-Württemberg nur 28 erzielte Tore aktuell. Dafür haben Sie mit 56 Gegentoren nochmal 14 Stück mehr wie wir. Aber gut, wir haben auch Torhüter wie Stojanovic, Urbig & Kirschbaum.
Auf der Torhüterposition der Sandhäuser treibt Patrick Drewes sein Unwesen. Und auf den ersten Blick scheint er mit einem Ranking von „whoscored“ von 6,56 bzw. einer Kicker-Note von 2,90 nicht das Problem des Teams zu sein. Man muss jedoch auch sagen, dass es bisher nur 4 zu null Spiele gab. Beim Jahn waren es doppelt so viele. Auch interessant ist, dass Jonas Urbig in seiner halben Saison nur ein Spiel ohne Gegentor weniger hat als Drewes. Diesem die alleinige Schuld zu geben wäre falsch, vermutlich verhinderte er Schlimmeres, aber er schafft es auch nicht den „Karren aus dem Dreck zu ziehen.“


Um Patrick Drewes nochmals zu verteidigen, wenden wir uns nun der Verteidigung des Teams von Gerhard Kleppinger zu. Sie haben eine Schwäche beim Verteidigen von Angriffen über die Flügel und sind anfällig bei Standardsituationen. Auch bei den kicker-Noten ist kein Spieler besser als 3,5. Mit zu den besseren Spielern dort zählen Kerim Calhanoglu (6,62), Bashkim Ajdini (6,43), Arne Sicker (6,43), Merveille Papela (6,76) und dazu Chima Okoroji (6,51). Die meisten Tackels haben Calhanoglu mit 2,7 pro Spiel, dazu Papela mit 2,6. Im Vergleich dazu hat bei uns Max Thalhammer mit 2,4 die meisten und den einzigen Wert über zwei. Sieht man sich jedoch die weiteren Spieler an, so sieht man, dass der Jahn größtenteils mindestens 1 Tackle pro Spiel setzt, während das bei Sandhausen schnell abflacht. Bei den Fouls sind die Werte relativ ähnlich, bei den klärenden Aktionen pro Spiel ist laut Statistiken etwas stärker. Die Defensive ist also durchaus angreifbar im Gesamtbild, jedoch muss man fairerweise dazu sagen, dass natürlich wie immer gilt: Man braucht bei diesem Spiel gute Standards, eine bissige Offensive und klug gezogene Fouls.
Im Mittelfeld sind erfahrene Namen wie David Kinsombi (6,64), Christian Kinsombi (6,52), Janik Bachmann (6,65), aber auch neue Spieler wie Abu-Bekir Ömer El-Zein (6,52). Nur ein Startelfspieler, nämlich El-Zein, hat eine von Passquote 77,3 %. Sonst sind alle Spieler unter 75 %. Also auch ziemlich ähnlich wie bei den Mannen aus der Domstadt. Ebenfalls ziemlich gleich sind die Assists. Wer kann sich einen Vorteil im Mittelfeld erarbeiten? Wir können es nicht voraussagen, hoffen jedoch, dass Benedikt Gimber und Max Thalhammer ihre eigentliche Klasse aufblitzen lassen.


Die Kinsombi-Brüder sind in der Offensive neben Alexander Esswein (6,58), Franck Evina (6,44), Ahmed Kutucu (6,33) sowie natürlich Hamadi Al Ghaddioui (6,07) erwähnenswert. Die Kinsombis, nominelle eigentlich im Mittelfeld zu Hause, haben beide jeweils 6 Tore. Könnte man sich also dazu hinreißen lassen zu sagen, dass unser Sturm stärker ist, da bei uns die Stürmer treffen und nicht das Mittelfeld? Nun, ehrlicherweise gesagt, wenn man die Saison sieht: Nein. Wobei ich eher unserem Angriff vertrauen würde. Nichtsdestoweniger sollte man die Offensive der Sandhäuser nicht unterschätzen, da auch Alexander Esswein bereits 4x das Tor gefunden hat und sehr viel Erfahrung mitbringt. Und Ahmed Kutucu hat bestimmt ein Interesse daran, seine Statistik von 2 Toren auszubauen. Seinen Zenit überschritten hat, leider, anscheinend unser ehemaliger Angreifer Hamadi Al-Ghaddioui, welcher aktuell in einem Formtief steckt. Grundsätzlich sollte die reine Offensive Abteilung für das Trio Elvedi, Breitkreuz und Kennedy (je nachdem wer spielt) kein Problem sein. Es bleibt zu hoffen das dies auch für unsere Außenverteidiger gilt.


Was bleibt also alles in allem zu sagen? Ein schönes Fußballspiel verspricht es nicht zu werden. Der Jahn ist meistens maximal immer einen Hauch besser als der Gegner und die Mannschaften sind nicht ohne Grund dort unten zu finden. Es ist alles möglich. Und auch wenn man es nicht mehr hören kann: Es heißt alles geben! Wir glauben weiterhin an unsere Mannschaft, die Fans glauben an unsere Mannschaft und ich hoffe, die Mannschaft glaubt auch an sich. Alles für den Klassenerhalt! Es ist fünf vor zwölf!

Photo by Cathrin Mueller/Getty Images (Onefootball Lizenz)

Der Blick auf den Jahn

Wer am späten Sonntagnachmittag einen Blick in die Gesichter der verbliebenen Jahnfans am Turm wagte, der schaute oft in traurige, bedrückte oder manchmal auch fraglose Gesichter. Fast als wäre man schon abgestiegen. Kurz davor in der Mixed Zone war es ganz anders. Man blickte zwar nicht in zufriedene Gesichtsausdrücke, aber man merkte, dass man durchaus schon den Fokus auf Sandhausen legt und man dieses Spiel gegen den 1. FCK noch nicht gewinnen „musste“. Ein Punkt bleibt aber im Gesamtkontext zu wenig, da auch der kommende Gegner sich ein 2:2 erringen konnte.

Anfang der Trainingswoche erlitt Wastl Nachreiner einen Nasenbeinbruch und fehlt somit gegen Sandhausen, dazu hat sich laut Selimgebovic das Saisonaus bei Minos Gouras bestätigt, daher wird er nicht zum Klassenerhalt beitragen können. Die entscheidende Szene gegen Kaiserslautern war wohl die Rote Karte von Bene Saller nach einem „rohen Spiel“. Am Donnerstag entschied das DFB-Sportgericht, dass er 2 Spiele passen muss, was die Personalsituation weiter verschärft. Der Rechtsverteidiger wird wohl in Sandhausen sowie gegen Hansa durch Konni Faber oder Christian Viet ersetzt. Blendi Idrizi befindet sich mit Oscar Schönfelder im Aufbautraining, aber beide kommen für das Auswärtsspiel am Hardtwald nicht in Frage.

Das müssen wir heute nochmal im Trainerteam genauer entscheiden, weil wir müssen da probieren, gucken was auf uns zukommt, wie wird Sandhausen spielen. Ob sie mit einer 5er-Kette spielen oder in einem 4-3-3, wie sie Spiele beendet haben, davon hängt es auch ab, wer auf dieser Seite spielt. Mal sehen, wir haben noch 2 Trainingseinheiten, aber Faber kam das letzte Mal rein und hat es gut gemacht, auch vor 3 Wochen gegen Magdeburg. Er ist also wieder voll dabei.

Mersad auf die Rechtsverteidiger-Frage

Das Nachtreten von Saller zeigt in meinen Augen auf, dass die Mannschaft gewissermaßen instabil ist und die Probleme bei der Entscheidungsfindung auch nach mehrmaliger Kritik bleiben. Erst verliert Bene nach einem Fehlpass den Ball und dann kommt dieses als „Revanche“ gewertete Foulspiel. Vielleicht spinne ich mir mal wieder was zusammen, aber nach ein paar Tagen Nachdenken wirkt es so, als wären ihm die Sicherungen durchgebrannt, gerade in dieser schwierigen Lage. Und es spricht nicht für einen solchen Führungsspieler, wenn ihm beim Stand von 0:0 in der 74. Minute diese Sicherung durchbrennt, da das Feuer auch ganz schnell auf das Haus übergehen hätte können. Der Jahn lebte jahrelang von Persönlichkeiten wie Grüttner, Geipl, Pentke, Hein usw., welche man selbst formte und zu diesen Spieler und auch Menschen machte, die uns diese erfolgreiche Zeit brachten. Im aktuellen Kader leben wir gewissermaßen nur noch von Spielern, die im Laufe der erfolgreichen Jahre dazugekommen sind und nicht mehr diese prägenden Saisons erlebt haben und den Jahn aus einem ganz anderen Blickwinkel wahrnehmen als die damaligen Führungspersönlichkeiten. Vielleicht fehlt auch mit Christian Keller dieser wichtige Mann, der genau weiß, wie er jemanden packen muss. Es tauchen also die Spieler unter, welche Haltung, Mentalität und Führung zeigen sollen – die eben ein Vorbild für jüngere Spieler sein könnten und auch die etwas schüchternen Persönlichkeiten mitreißen sollten. In diesen Zeiten wirkt es so, als hätten wir es nach Keller verpasst, dass wir genügend Führungsspieler formen. Uns fehlen gerade in schwierigen Phasen diese Masse an Leitplanken im Kader und ein einziger „Straßenstempen“ wird uns nicht vor dem Fall in die Schlucht aufhalten.

Am Sonntag zählt es aber, komme was wolle. Wir müssen Sandhausen schlagen. Egal wie. Es wird ein Kampf bis zur letzten Minute, auch für sie geht es um die Existenz in dieser Liga. Dieses Spiel wird alles verändern – bei einem Sieg können wir die Abstiegsränge verlassen, aber bei einer Niederlage wird es düsterer denn je. Auch ich glaube an die Mannschaft, so oft habe ich die Qualität gesehen und hoffentlich kommt auch das Glück in dieser wichtigen Phase endgültig zurück.

Aber egal wie es ausgeht: wir werden dir immer folgen, sei es auch in Liga 4!

Thomas Süß, Maximilian Aichinger