Was wurde eigentlich aus Thomas Stratos?

Trainer in einer schwierigen Phase: Nach dem bitteren Abstieg aus der zweiten Liga übernahm Thomas Stratos zur Saison 2013/14 das Traineramt beim SSV Jahn. Doch nach nur einem Jahr war Schluss. Der-Jahn-Blog blickt zurück auf diese Zeit und auf Stratos’ weitere Karriere.

Foto: Gatzka

Zugegeben: Eine Vereinslegende des SSV Jahn ist Thomas Stratos nicht gerade. Wenn, dann müsste man ihm dieses Label eher für Arminia Bielefeld verpassen. Dort stieg der Deutsch-Grieche 1988 als junger Fußballer in den Herrenbereich ein und dort erlebte er nach Intermezzi beim Hamburger SV (1990-92) und dem 1. FC Saarbrücken (1992-94) als Aktiver seine erfolgreichste Zeit im Profifußball.

Mit den Ostwestfalen schaffte Stratos binnen zweier Saisons den Durchmarsch von der drittklassigen Regionalliga bis in die Bundesliga. In seinen insgesamt acht Jahren erzielte der Verteidiger in über 200 Spielen elf Tore, ehe er von 2000 bis 2002 seine Profikarriere in Saarbrücken ausklingen ließ. Zum Dank wählten ihn die Bielefelder Anhänger 2005 in die „Jahrhundertelf“ des Vereins. 

Erste Schritte im Trainerbusiness

Auch wenn er 1966 in Ioannina in Griechenland geboren wurde, ist Ostwestfalen eindeutig Stratos’ Heimat. In Bad Salzuflen nahe Bielefeld wuchs er als Sohn von Gastronomen, die nach Deutschland auswanderten, auf. Beim SC Bad Salzuflen, SuS Lage und dem FC Gütersloh erlernte Stratos das Fußballspielen, bevor er in den Herrenbereich einstieg. Und in dieser Region machte „Strati“ auch die ersten Schritte nach dem Profifußball: Von 2004-06 Co-Trainer beim SC Verl, dann ein Jahr bei Gütersloh, ein Jahr bei der SpVgg Hamm und ab 2008 vier Jahre beim SC Wiedenbrück – das waren die Stationen, bevor er zum SSV Jahn kam. Mit Wiedenbrück stieg Stratos innerhalb zweier Saisons von der sechstklassigen Westfalenliga in die viertklassige Regionalliga auf. Anfang 2012 wurde dem Erfolgstrainer dort jedoch gekündigt. Gründe sollen laut damaligen Medienberichten unterschiedliche Auffassungen in der sportlichen Ausrichtung sowie die anstehende zeitintensive Fußballlehrer-Ausbildung gewesen sein.

Foto: Gatzka

Die Zeit beim SSV Jahn

Der SSV Jahn griff 2013 nach dem Abstieg aus der zweiten Liga zu. „Thomas Stratos ist ein ehrgeiziger Trainer, der das Profigeschäft kennt und dem wir zutrauen, unser junges Team zu führen und die Spieler weiterzuentwickeln“, sagte der damals neu berufene Sportchef Christian Keller bei der Vorstellung. Für den Jahn war es damals keine ganz einfache Situation. Mit einem fast komplett neuen Kader, einer kaum konkurrenzfähigen Infrastruktur und einem schmalen Geldbeutel wollte man eine gute Rolle in Liga 3 spielen. „Ich stelle mich gerne der Herausforderung, ich habe mich umgesehen und werde nicht über irgendwelche Trainingsverhältnisse jammern“, gab sich Stratos angriffslustig. 

Das gelang auch ganz ordentlich. Nach einem holprigen Saisonstart hielt sich der Jahn in einer Saison ohne große Ausreißer weitgehend im Mittelfeld der dritten Liga. Gemessen an den Vorbedingungen keine großartige, aber passable Saison. Dennoch verlängerte der Jahn den Vertrag mit Stratos nicht, wie man im April 2014 bekannt gab. „Die Gründe hierfür bleiben intern“, sagte Keller dazu herzlich wenig. Nicht jeder im Umfeld konnte diese Entscheidung nachvollziehen, immerhin hatte Stratos das sportliche Ziel Klassenerhalt erfüllt und die Hoffnung lag nahe, sich mit diesem Trainer etwas aufbauen zu können.
Keller verfolgte einen anderen Plan mit dem Jahn, der in der folgenden Saison jedoch erstmal misslang. Mit dem neuen Trainer Alexander Schmidt geriet man schnell in eine Misserfolgsspirale, aus der sich der Club nicht mehr befreien konnte. Am Ende stand der Abstieg in die vierte Liga.

Das Abenteuer in Griechenland

Stratos hatte da längst, im November 2014, beim BFC Dynamo unterschrieben. Den Viertligisten aus Berlin sollte der Deutsch-Grieche in den Profifußball führen. Trotz zweier guter Saisons, einmal stand am Ende Tabellenrang fünf sowie der Einzug in den DFB-Pokal, einmal der Tabellenrang vier, verpasste man dieses Ziel, was wohl letztlich auch den Ausschlag gab, dass Dynamo den Vertrag mit Stratos 2016 nicht mehr verlängerte.
Stratos wandte sich seinem Geburtsland Griechenland zu: War er im Herbst 2016 zunächst für einige Tage Interims-Co-Trainer beim ehemaligen Frankfurter Profi Ioannis Amanatidis bei Iraklis Thessaloniki, übernahm er ab Anfang 2017 für fast zwei Jahre das Amt des Co-Trainers von Michael Skibbe bei der griechischen Nationalmannschaft. Das große Ziel des griechischen Verbandes, sich für die WM 2018 in Russland zu qualifizieren, erfüllte sich jedoch nicht. Die Griechen scheiterten in der Quali-Hoffnungsrunde schließlich an Kroatien. Im Oktober 2018 endete die Amtszeit Skibbes und damit auch Stratos’.

Intermezzi in Köln, Saudi-Arabien und Irodothos

Im Sommer 2019 unterzeichnete Stratos einen Vertrag bei Fortuna Köln, das gerade aus der dritten Liga abgestiegen war. Als die Saison im März 2020 wegen Corona abgebrochen wurde, rangierte die Fortuna jedoch auf einem enttäuschenden zwölften Platz. Mit Stratos wurde nicht verlängert und damit war für ihn wie beim Jahn nach einer Saison wieder Schluss. 
Zur neuen Saison rief erneut der alte Kollege Michael Skibbe: Im Herbst 2020 wagte Stratos ein Abenteuer in Saudi-Arabien als Co-Trainer seines ehemaligen Chefs bei der griechischen Nationalmannschaft. „Sehr interessantes Land mit höflichen, hilfsbereiten Menschen. Sehr fortschrittlich. Die Trainingsbedingungen waren nicht optimal, aber drum herum alles sehr luxuriös. Die Lebensqualität war super“, sagte Stratos wenige Monate später in einem Interview, nachdem er gemeinsam mit Skibbe im Februar 2021 nach einer Niederlagenserie entlassen worden war. 
Zuletzt verzeichnet das Portal transfermarkt.de eine Beschäftigung Stratos’ beim griechischen Zweitligisten Pasa Irodotos – allerdings nur für einen Zeitraum von 28 Tagen im September und Oktober 2022. Da die Saison erst im November begann, währte „Stratis“ Engagement also nicht einmal bis Saisonstart. 

Und heute?

Stratos wohnt weiterhin in seiner deutschen Heimat Bad Salzuflen, wo sein Bruder Georgios die gastronomische Tradition der Familie fortführt. Bis 2012 betrieb der Deutsch-Grieche dort parallel zu seiner sich entwickelnden Trainerkarriere ein Fitnessstudio, das allerdings schließlich Insolvenz anmelden musste. Stratos scheint Medienberichten zufolge häufig und sehr gut Golf zu spielen (Handicap 3,7) und sich hin und wieder eine Zigarre zu gönnen. Dem Fußball bleibt er freilich verbunden: So kickt er ab und an für die Traditionself von Arminia Bielefeld. Es scheint jedenfalls nicht auszuschließen, dass man Thomas Stratos bald wieder auf einer Trainerbank im höherklassigen Fußball sieht.


Ein ganz großes Dankeschön geht an Johannes Gatzka für die Bilder!


Von Flo1889fm