Sing mir das Lied vom Abstiegskampf

Der Jahn hatte am Samstag mehrmals die Möglichkeit die Partie auf seine Seite zu ziehen und war so nah dran am Befreiungsschlag, ehe man sich wieder selber in Bredouille beförderte. Das Lied vom Abstiegskampf endet einfach nie...

Falls ihr das Spiel nicht sehen konntet:

Die Aufstellung:

Mersad Selimbegovic nahm drei Wechsel im Vergleich zum kräftezehrenden Auswärtsspiel in Karlsruhe vor. Blendi Idrizi stand aufgrund der Gelbsperre von Maxi Thalhammer nach einigen Kurzeinsätzen zum dritten Mal in dieser Spielzeit in der Spielaufstellung, dazu durfte sich Jahn-Urgestein Bene Saller anstatt Konni Faber von Beginn an zeigen. Überraschenderweise durfte Steve Breitkreuz sein Rückrunden-Debüt geben und ersetzte somit den formschwachen Nachreiner.

Realtaktisch agierte man in einem 2-2-3-3 und wollte von Anfang an Akzente über die schnellen Flügelspieler Minos Gouras und Aygün Yildirim setzen.

1. Halbzeit

Die Partie begann direkt mit einem Schlagabtausch: Nach sieben Minuten scheiterte Yildirim einmal mehr in dieser Saison an der Latte und wenige Augenblicke später kam Fortuna Düsseldorf zu ihrer ersten Chance im Spiel, welche aber Kownacki neben das Tor setzte. Andreas Albers fand ebenfalls nicht den Weg in das Netz und scheiterte an einem stark parierenden Kastenmeier (10.). Daraufhin kontrollierte aber wieder F95 das Spiel, brachte ein geduldiges Ballbesitzspiel auf den Platz und konnte sich mehrmals aus dem lauernden Pressingverhalten der Jahnelf herausarbeiten.

Foto: Gatzka

Obwohl Düsseldorf den Takt vorgibt wirkt der SSV Jahn zu diesem Zeitpunkt etwas zielstrebiger und motivierter: Man läuft an, wartet auf Fehler im Spielaufbau und sucht schnell den Abschluss. Andreas Albers (33.) und Sapreet Singh (34.) prüften Florian Kastenmeier mit Schüssen aus der Distanz blieben aber erfolgslos. Kurz vor dem Pausentee (38.) war es aber Iyoha, der den Jahn in eine Schockstarre versetzte, nachdem er nach einem starken Dribbling den Außenpfosten getroffen hatte.

Anfangs war der SSV Jahn die überlegene Mannschaft, allerdings kam Düsseldorf immer mehr in die Partie und verpasste kurz vor der Pause noch die Führung.

2. Halbzeit

Der Trend setzte sich fort und die Heimmannschaft kam eher bescheiden aus dem Spielertunnel und wurde durch Kownacki (53.) sowie Hendrix (57.) wach gerüttelt. Jonas Urbig parierte stark und konnte zum wiederholten Male einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Das Spiel drohte mehr und mehr zu kippen und der Jahn versuchte sich mit langen Bällen von der Offensive der Fortunen zu befreien.

Regensburg war bemüht und versuchte einiges, aber die Verteidigung von F95 stand felsenfest und agierte nahezu fehlerlos. Man drängte die Jahn-Offensive in die Mitte, wo dann die Pressingfalle zu schnappte und man sofort beim Eintreten in das Zentrum mit mehreren Spielern den Zweikampf bzw. den Pressball suchte. Durch diese Schwarmbildung kam der SSV Jahn nur noch zu Fernschüssen und zwischendurch mal zu Flanken, welche aber meistens im Nichts endeten.

Es kam aber in der 86. Minute wie es kommen musste: Nach einem Laufduell zwischen Konni Faber und Felix Klaus kam der Fortune zu Fall und es gab Elfmeter für die 95er, welcher daraufhin durch Kownacki verwandelt wurde.

Erneut verlor man ein 50/50-Spiel aufgrund eines Fehlers bzw. einer strittgen Aktion und erneut muss man der unzureichenden Chancenverwertung nachtrauern. Ach, dieses Lied vom Abstiegskampf…

Sachen, die auffielen:

1. Gefahr einer zu engen Außenverteidigung
Foto: Gatzka

Ein moderner Außenverteidiger hat so einige Aufgaben, er muss die defensive Stabilität wahren, den großen Raum vor sich im Blick haben und gleichzeitig offensive Akzente setzen. In Deutschland haben wir aktuell ein gewisses Problem, diese Rolle entsprechend zu besetzen, weshalb „durchschnittliche“ Außenverteidiger auch mal sehr wertvoll werden können. Der SSV Jahn hat mit Leon Guwara, Bene Saller, Konni Faber sowie auch Lasse Günther nominell solide bis gute offensive Außenverteidiger, welche aber in den letzten Monaten sich zu einem Schwachpunkt entwickelt haben.

Fortuna Düsseldorf hat versucht, mit Peterson und Hendrix in den Zwischenräumen zu agieren, um die Jahn-Außenverteidigung an diese Spieler zu binden und somit Räume auf den Flügeln zu schaffen. In der 1. Halbzeit hat dies sehr gut funktioniert und man drängte den SSV Jahn oft tief bis in die eigene Hälfte und konnte einige Chancen über die Flügel kreieren. In der Offensive setzt Selimbegovic hingegen auf asymmetrische Außenverteidiger, wo ein AV nach vorne schiebt und sich der andere mit den Innenverteidigern zu einer Dreierkette formt, dies birgt allerdings auch einige Risiken mit sich, da sich auch hier Räume auf den Außenbahnen bilden, welche der Gegner nutzen kann. Die Partie kippte aufgrund der Überlegenheit der Gäste auf den Flügeln und auch der Foulelfmeter entstand aus einer Umschaltsituation von einer Dreierkette zurück in die Viererkette, woraufhin sich Räume zwischen Mittelfeld und Verteidigung ergaben, welche die Offensivspieler nutzen konnten.

2. Die Effizenz bestimmt den Erfolg

„Ein Schuss, ein Tor – die Jahnelf“, das singen wir gerne auf der Hans-Jakob-Tribüne, aber leider ist es beim SSV Jahn aktuell nicht so einfach. Seien wir ehrlich: Aktuell läuft alles gegen den Jahn. Das liegt insbesondere an der fehlenden Ausbeute in der Offensive seit der Winterpause und der verunsicherten Hintermannschaft. Oft spielt man gut, vielleicht sogar sehr gut, aber trotzdem will das Tor einfach nicht fallen, da man sich mögliche Chancen oft durch fehlendes Selbstvertrauen und Fehler eigens verbaut.

Während mit Union Berlin eine brutal effektive Mannschaft auf einmal in der Bundesliga oben mitspielt, sind wir aktuell wohl das Gegenteil – denn wir stehen zwar laut den „erwarteten Punkten“ im Mittelfeld der Tabelle, aber in der Realität halten wir die rote Laterne in der Hand. Dies liegt primär an der miserablen Chancenverwertung: Gegen die Fortuna hatte man mehrmals die Möglichkeit in Führung zu gehen, aber man konnte das Runde nicht ins Eckige befördern. Dazu tut sich die Mannschaft von Mersad Selimbegovic schwer sich eigene Chancen herauszuspielen, so hatte man am Samstag keinen einzigen Schuss im 5-Meter-Raum und nur 20 % aller Möglichkeiten ergaben sich in der Box. Auch die Distanzschüsse sind häufig zu unpräzise oder schlichtweg zu ungefährlich.

Die Ergebnisse der letzten Monate deuten darauf hin, dass der Jahn-Matchplan entschlüsselt ist und Gegner wissen, wie sie die Jahnelf vor Probleme stellen können, deswegen muss Selimbegovic sein Team wieder ein neues offensives Konzept vorlegen und vielleicht auch mal ungewönliche Änderungen vornehmen, damit der Bock endlich umgestoßen wird.

3. Der strittige Elfmeter

Das Thema des Spiels war natürlich der Foulelfmeter, welcher letztendlich zu der Niederlage führte. Nach einer Flanke von der rechten Seite kommt Klaus nach einem Laufduell mit Konni Faber zu Fall und der Schiedsrichter zeigte auf den Punkt, daraufhin kann Kownacki zum 0:1 treffen. Dr. Robert Kampka hatte eine gute Sicht und wertete den Kontakt mit den Füßen als Foulspiel. Der VAR darf in dieser Situation nicht eingreifen, also liegt die Problematik nicht in Köln, sondern in Regensburg vor.

Felix Klauß will wohl den Kopfball suchen, während Faber auf eine durchgehende Flanke spekuliert und den Weg zum langen Pfosten sucht, daraufhin kreuzen sich beide, was zu dem Sturz führte. Der Kontakt geht von beiden Seiten aus, allerdings ist der Düsseldorfer einen kleinen Schritt vor Konni, weswegen wohl der Pfiff kam. Klauß fällt dazu ziemlich leicht und wirkt nicht gerade überrascht von der Berührung.

Man kann ihn geben, aber in der Nachbetrachtung tendiere ich eher zu keinem Foulspiel.

Benotung der Jahnspieler

Jonas Urbig: 2,0 (zeigte erneut sein enormes Potenzial und hielt lange den Punkt fest)

Leon Guwara: 2,5 (war solide im Passspiel und in der Zweikampfführung)

Jan Elvedi: 3,5 (Spielaufbau und Zweikampfführung waren ausbaufähig, dazu brachte er ein schlechtes Zweikampfverhalten auf den Platz)

Steve Breitkreuz: 3,5 (machte eine unglückliche Figur bei Zweikämpfen, aber konnte mit seinen Pässen überzeugen) – Joshua Mees (90.): / (aufgrund zu später Einwechselung keine Benotung)

Benedikt Saller: 3,5 (machte eine solide Partie, allerdings öffnete er in der 1. Halbzeit mehrmals Räume für Karbownik und seine Tacklings waren ausbaufähig) – Konrad Faber (70.): 5,0 (brachte keinen neuen Schwung in die Offensive und verursachte den Foulelfmeter)

Blendi Idrizi: 4,0 (machte offensiv ein mäßiges Spiel, dazu zeigt er Schwächen in der Arbeit nach hinten) – Kaan Caliskaner (70.): 4,5 (machte ein unauffälliges Spiel und konnte keine Akzente setzen)

Bendikt Gimber: 3,0 (machte in allen Belangen eine solide, aber blasse Partie)

Sapreet Singh: 3,0 (setzte im letzten Drittel einige Akzente, aber seine Pässe und Flanken haben Entwicklungspotenzial)

Aygün Yildirim: 3,0 (konnte mit seiner Stärke bei seinen Zuspielen überzeugen, aber verlor einige wichtige Kämpfe um den Ball) – Lasse Günther (70.): 4,5 (war in einigen Aktionen unglücklich, zeigte allerdings gute Ansätze)

Minos Gouras: 3,5 (seine Laufwege geben Lust auf mehr, allerdings war seine Ballverarbeitung mangelhaft) – Prince Owusu (70.): 4,5 (machte ebenfalls ein unauffälliges Spiel und konnte keine Akzente setzen)

Andreas Albers: 3,0 (machte offensiv eine solide Partie, konnte aber seine Chancen nicht nutzen)

Was sagst du dazu? – die Stimmen nach dem Spiel

Benedikt Saller über das frustrierende Ergebnis: „Es ist absolut frustrierend, wir betreiben einen riesen Aufwand, machen ein gutes Spiel, haben auch viele Chancen. Hätten in der ersten Halbzeit auch in Führung gehen können und dann irgendwann auch müssen. Ich glaube, in der zweiten Halbzeit war es dann auch sehr ausgeglichen, waren Chancen auf beiden Seiten und am Ende entscheidet dann ein Elfmeter so ein Spiel.“

Benedikt Gimber über den erneuten Rückschlag: „Es ist schwierig, dafür Worte zu finden. Klar war es keine Glanzleistung, aber wir investieren so viel. Es war mindestens ein ausgeglichenes Spiel, vom Gefühl her ging es eher in unsere Richtung. Und dann kriegst du kurz vor dem Ende noch einen Elfmeter. Wir haben nach der Winterpause erst zwei Tore geschossen, das spricht Bände. Das macht ein Stück weit ratlos und es ist offensichtlich, dass vorne der Schuh drückt.“

Mersad Selimbegovic über die Fans in diesen schwierigen Zeiten: „Ich glaube, dass wir immer noch die Kraft haben zusammen mit unseren Fans, weil das ist auch außergewöhnlich. Die merken oben, was die Mannschaft investiert und du so eine Phase hast, oft nicht punktest, dann ist es normalerweise so, dass es komplett kippen kann. Aber das ist Jahn Regensburg und nur so kann Jahn Regensburg in dieser Liga bestehen.“

Maximilian Aichinger