Wolfgang Hesl im Interview: „Der schönste Moment wird immer das erste Bundesligaspiel bleiben“

Mehr als 350 Spiele absolvierte Wolfgang Hesl als Torwart für Vereine wie die SpVgg Fürth, den 1. FC Kaiserslautern oder den HSV. 2019 gab Hesl sein Karriereende bekannt und kehrte als Stürmer in den Amateurfußball zurück, mittlerweile spielt der 36-Jährige in der Landesliga wieder als Torwart beim SC Ettmansdorf. Mit uns sprach er über seine Anfänge als Torwart, dem Jahn und die Rückkehr in den Amateur-Bereich.

Herr Hesl, Sie sind mit 17 Jahren vom FC Amberg zum HSV gewechselt. Ein Nachwuchsleistungszentrum in Bayern würde den meisten naheliegender erscheinen. Wieso haben Sie sich damals zu diesem Schritt entschieden?

Der HSV hat sich damals sehr um mich bemüht. Der Verein hat meine Familie und mich für ein Wochenende nach Hamburg eingeladen. Wir durften das Internat sehen, ein Spiel des HSV ansehen und ich durfte bei den Profis mittrainieren. Nach diesem Wochenende stand die Entscheidung schon fest.

Wie war die Umstellung im hohen Norden? Fühlten Sie sich in der ersten Zeit dort wohl?

Ich habe mich immer sehr wohlgefühlt und ich bin sehr dankbar, diese Chance, den Einstieg in das Profigeschäft bei so einem großen Klub, bekommen zu haben.
Allerdings war es anfangs sprachlich schon eine Umstellung. 😊 In Hamburg wurde mein Oberpfälzerisch nur schwer verstanden. Also musste ich etwas Hochdeutsch lernen.

Sie debütierten 2008 im Hamburger Profikader. Wie war dieser Moment?

Einfach unvergesslich! Ein ganz besonderer Tag, auch weil mein Vater im Stadion war.

Danach waren Sie in Hamburg meist Ersatz hinter Frank Rost und ließen sich 2011 zum SV Ried ausleihen, wo Sie mehr gespielt haben. Wie beurteilen Sie die Leihe im Nachhinein?

Diese Leihe zum SV Ried war ein Glücksfall. Ich habe eine unglaublich starke Saison gespielt, mit Platz 3 in der Liga und mit dem Pokalsieg in Wien.

Als Torwart steht man nach einem Patzer oft schwer in der Kritik. Manche wie Robert Enke zerbrechen an den Anforderungen. Ist der Druck zu hoch? Wie gingen Sie in Ihrer Karriere mit Patzern um?

Da ist natürlich jeder anders. Jeder muss seinen Weg finden, damit umzugehen. Gerade heute im Social-Media-Zeitalter wird man natürlich mit heftiger Kritik konfrontiert. Oftmals wird das auch von den Medien zu sehr aufgebauscht. Wirklich gelernt hat man da aus dem Suizid von Robert Enke nicht.

Sie haben in Ihrer Karriere für eine Reihe von „Traditionsvereinen“ – Hamburg, Dresden, Kaiserslautern und auch Fürth – gespielt, Vereine, für die es in den letzten Jahren oft bergauf und bergab ging. Wie ist es, als Profi in einem solch aufgeregten Umfeld zu spielen?

Mir hat das unheimlich viel Spaß gemacht. Die Beziehung zwischen Fans und Verein waren dort im sehr intensiv und wir hatten viel Kontakt mit den Fans und waren im regelmäßigen Austausch. Auch wenn es mal sportlich nicht so lief, war am Ende des Tages der Support der Fans ungebrochen!

Ihre Ex-Vereine Fürth, Kaiserslautern und Hamburg sind allesamt Konkurrenten des SSV Jahn in dieser Zweitligasaison. Was trauen Sie den Clubs in dieser Spielzeit noch zu?


Für Fürth geht es dieses Jahr nur darum, die Klasse zu halten. Gleiches gilt für Kaiserslautern, auch wenn sie das bisher mehr als ordentlich machen. Hamburg gehört natürlich eigentlich in der 1. Liga. Aber auch dieses Jahr wird es der HSV wieder sehr schwer haben. Da sehe ich eher die Gefahr, dass man so allmählich ein fester Bestandteil der 2. Liga wird. Sehr schade …

Was war der schönste Moment Ihrer Karriere? Was der Tiefpunkt?

Der schönste Moment wird immer das erste Bundesligaspiel bleiben. Ein unbeschreibliches Gefühl.
Der Tiefpunkt war das Ende beim HSV. Das war wirklich sehr schade, dass Zusagen und Vereinbarungen dann nicht eingehalten wurden. Das tat damals sehr weh, den Verein zu verlassen.

Sie haben – für einen Torhüter – mit 33 Jahren relativ früh Ihre Karriere beendet. Warum?

Es war einfach der Moment gekommen, aufzuhören. Ich hatte ja sogar noch 1 Jahr Vertrag. Aber ich habe einfach gespürt, dass ich es nicht mehr zu 100 % machen will. Dann war es nur logisch auch aufzuhören.

Warum haben Sie nach dem Ende der Profikarriere wieder als Feldspieler in der Bezirksliga angefangen?

Ich hatte zum einen keine Lust mehr aufs `Torwart-Sein`. Zum anderen war damals mein bester Kumpel Spielertrainer beim TSV Stulln. Und so konnten wir noch ein paar Spiele zusammen bestreiten.

Nun spielen Sie wieder als Torhüter beim SC Ettmannsdorf in der Landesliga, haben aber auch schon wieder ein Tor per Elfmeter erzielt. Was hat Sie zum erneuten Wechsel ins Tor bewegt?

Der `Torwart` ist dann eben doch in mir. Einfach ein tolles Gefühl nach den Bällen zu hechten und Bälle zu fangen.


Können Sie als Ex-Profi etwas aus dem Profibereich in das Landesligateam hineintragen, etwa aus dem taktischen Bereich? Ergreifen Sie öfter das Wort, weil Sie als ehemaliger Profi eine besondere Rolle im Team spielen?

Ich würde mal sagen, dass alle zuhören, wenn ich etwas sage. Das ist immer situativ. Aber ich nehme mich auch zurück. Auch ich habe den Fußball nicht erfunden.

Planen Sie, nach der aktiven Karriere weitere Schritte im Fußball zu gehen, Stichwort Trainer oder Manager? Oder wollen Sie einfach weiter in der Freizeit kicken?

Solang es mir Spaß macht und ich auch das Gefühl habe, ich kann noch weiter helfen, spiele ich noch weiter.
Trainer werde ich sicher mal machen. Aber auch nur in den unteren Ligen. Ins Profigeschäft möchte ich nicht mehr zurück.

Unser Bloggründer ist selbst Torhüter. Was würden Sie vor allem jungen Spielern – speziell Torhütern – mit auf den Weg geben wollen?

Spaß haben! Es muss Spaß machen, die Schüsse zu halten und Torchancen zu vereiteln.

Sie stammen aus Nabburg, was nicht weit entfernt von Regensburg ist. Weshalb sind Sie nie beim Jahn gelandet?

Gute Frage, das war tatsächlich nie ein Thema.

Wie blicken Sie aus der Ferne auf den Jahn und wie beurteilen Sie dessen Entwicklung in den letzten Jahren?

Ich glaube die Verantwortlichen der letzten Jahre und alle Mitarbeiter des Vereins haben unglaublich viel geleistet und den Jahn in der zweiten Liga etabliert und das mit sehr begrenzten Mitteln. Ein großes Kompliment!
Nicht umsonst laufen mittlerweile sehr viele Kinder bei uns in der Region mit Jahn-Trikots rum und auch die Fangemeinde ist stark gewachsen!


Wir möchten uns an dieser Stelle nochmal ausdrücklich bei Ihnen für Ihre Zeit bedanken. Wir laden Sie hiermit auch gerne auf einen Stadionbesuch mit einer Stadionwurst ein. Denken Sie, dass es Sie bald mal ins Jahnstadion verschlägt? Z.B. gegen Hamburg? Oder waren Sie sogar mal im alten Jahnstadion?

Ich durfte sogar ein Mal im alten Jahnstadion spielen, mit der B-Jugend des FC Amberg.
Im neuen Stadion war ich natürlich auch schon. Wenn es die Zeit und mein eigener Spielplan zulässt, komm’ ich sehr gerne auf eine Stadionwurst und auf ein Kaltgetränk wieder vorbei!